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5. (3. ausserorilentl.) Versammlung des VII. Vereinsjahres.
Alexandra Feodorowna, die ehemalige Prinzessin Charlotte von Preussen darstellende Marmorstatue befindet. Von hier aus wurden wir zunächst in die rechts gelegenen Gemächer geführt, so in das sog. Königs- zimmer, das mit dem „Drei-Friedrichs-Gemälde“ geschmückt ist, einem Ölbild, das die drei Könige gemeinsam darstellt, die i. J. 17011 eine Zusammenkunft abhielten: Friedrich I. von Preussen, Friedrich IV. von Dänemark und Friedrich August von Sachsen, in das Spiegelzimmer, das ein prächtiges, von Verwesten, dem Gründer der Berliner Akademie der Künste gemaltes Deckenstück schmückt, in das Theezimmer, in dem das bekannte Pesnesche Gemälde hängt, das Friedrich den Grossen als Kind mit seiner Schwester Wilhelmine darstellt. Noch einmal betraten wir den Gartensalon, um uns dann zu den links von ihm gelegenen Räumen zu wenden. Sie werden durchschritten, wobei die berühmte Porzellankammer mit der Fülle von Erzeugnissen chinesischer Kunst, ferner das mit den Gobelins aus der Vignöschen Berliner Fabrik und den von Schlüter herrührenden allegorischen Darstellungen der Künste geschmückte Zimmer passiert wurden, bis wir die schlichte Schlosskapelle erreichten, die so oft Zeugin denkwürdiger Vorgänge war. Hierhin liess sich Friedrich der Grosse nach Beendigung des siebenjährigen Krieges, eben vom Felde heimgekehrt, Musiker und Sänger kommen, damit sie vor ihm allein Grauns Tedeum aufführten. Hier wurde am 8. Juni 1815 Prinz Wilhelm, der spätere Kaiser Wilhelm I. konfirmiert. Hier wohnte Kaiser Friedrich, den Tod im Auge, der kirchlichen Einsegnung des Bundes seines Sohnes, des Prinzen Heinrich mit der Prinzessin Irene von Hessen bei.
Auch in die oberen Räume wurden wir geführt. Nahmen wir unten das Walten des überladenen, kraftstrotzenden Barock- und des zierlichen Rococostiles wahr, zweier Kunstepochen, die den Reiz in der Bewegung und Unruhe suchten, so betraten wir jetzt Räume, deren Einrichtung in jenem Stil gehaltenwar, der als Gegenwirkung gegen jene beiden Perioden entstand und von der Antike beeinflusst, in der Einfalt und Stille sein Ideal erblickte. Es war die Flucht der von der Königin Luise bewohnten Zimmer, in denen bekanntlich auch Napoleon hauste, als ei nach der Schlacht bei Jena Preussens Hauptstadt besetzt hatte. Sie wurden offenbar eigens für die Königin eingerichtet und sind seitdem unversehrt geblieben, denn sie zeigen rein und unverfälscht den ira Cirkel der so rasch wechselnden Mode heute wieder zur Herrschaft gelangten Empirestil. Aus den Privatgemächern gings wieder in einen offiziellen Raum, aus dem Klassicismus ins Rococo zurück, als wir den gewaltigen Tanz- und Speisesaal betraten. Nachdem wir noch die von Friedrich Wilhelm IV. und der Königin Elisabeth bewohnten Zimmer besichtigt und mit Wehmut die Räume betrachtet hatten, in denen Kaiser Friedrich schmerzlich duldete, verliessen wir das Schloss, um unsere Schritte zum