Heft 
(1898) 7
Seite
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Fischerei der Provinz Brandenburg.

wie die Fischerknechte auf dem Kieze bei Potsdam am Neujahrstage Gaben sammelnd umherziehen, wobei sie u. A. folgende Strophen singen:

Was wollen wir singen und heben an?

Das liebe neue Jahrl

So wollen wir singen und heben an

Das liebe neue Jahrl

Wollt ihr wissen, wer wir sind? - *

Worauf der gesamte Fischerchor mit lauter Stimme ruft:

Der Blei und der Raab,

Der Hecht und der grosse Kulebarsch!

Blei, Hecht und dengrossen Kulbarsch kennen unsere guten Frauen wohl alle, nicht aber den Raab (vom wendischenrapa) oder hochdeutsch den Rapfen. Dieser feiste befinnte Bursche mit dunkelem Kopf und blutroten Finnen oder Flossen ists, der sich jetzt in ganzen Geschwadern in den Fischgründen des Tegeler Sees sammelt, um gegen Neujahr in die Havel bis Oranienburg und weiter hinaufzuziehen, woselbst er im Februar laicht. Der stattliche, leider, wie angedeutet, viel zu wenig beachtete Fisch, der mit dem Netz, einzeln auch mit der Schleife gefangen werden kann, lässt sich auf dreierlei Art zu einem leckem Tafelgenuss zubereiten: blau gesotten, oder wie ein Karpfen mit polnischer Sauce bereitet, oder abgekocht mit klarer Butter und geriebenem Meerettig. Letzterer Zubereitung, weil sie dem schönen besonderen Geschmack des Raab am meisten gerecht wird, möchten wir den Vorzug geben. Das Tier ähnelt dem Karpfen, nur ist es schlanker, auch fehlen ihm die Bartfäden des Karpfens. Das Fleisch sieht gekocht schön rötlich aus, wie das von feisten Schleien. Auch die etwas im Rückgang befindlichen, mindestens auf dem Berliner Fischmarkt nicht mehr so ausgiebig als früher vertretenen Stinte treten wieder häufiger auf. Wie massenhaft sie im Tegeler See sind oder doch waren, geht aus folgender den Bewohnern und Umwohnern dieses schönen Gewässers wohlbekannten Überlieferung hervor. Zur Zeit, als die im See liegende, einige 90 Morgen grosse Insel Scharfenberg noch dem Besitzer Krause gehörte, von dem sie der jetzige Eigentümer Dr. Karl Bolle vor ca. 20 Jahren gekauft hatte, hauste auf dem Scharfenberg eine einzelne Frau namens Wüstenberg, welche, wie man erzählt, eine Art Robinson-Leben einsam führte, und von der aller­hand wunderliche Geschichten im Schwange waren. So wird berichtet, der See sei damals noch so stintreich gewesen, dass die Wüstenberg auf dem Scharfenberg der beiläufig vor Dr. Bolle ein reinerWüstenberg war mitunter von den toten Stinten gelebt habe, welche vom Wellenschlag am Ufer der Insel Scharfenberg ausgeworfen worden seien.

Berlin 10. 12. 1885. Ernst Friedel.

11. Karpfenfang und Hechtfang in Berlin. Am 3. Febr. 1887 fischten die Berliner Fischermeister Gebrüder Dannhausen an der Kurfürstenbrücke einen gewichtigen Karpfen aus der Spree, der 36 Pfund schwer, 1 m lang war und einen Umfang von 78 cm hatte. Am unteren Mundteil trug er einen Ring, auf dem sich Eingravierungen befanden, woraus hervorging, dass dieser Karpfen im Jahre 1618 zu Haselhorst ins Wasser gesetzt worden war. Am 3. Dezember 1886 wurde von denselben Fischern im Engelbecken