Heft 
(1898) 7
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Die wilde Eibe in der Buchschen Fasanerie.

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nur mit leisestem Anfinge nähern, weicht er his zu gänzlichem Ver­schwinden in dem, was früher Wildnis war und jetzt Revier wurde, aus. Der Begriff der Anpassung existiert für ihn kaum. Das oft wieder­holte Wort: les Dieux sen vont dagegen hat für kein anderes Vegetabil grössere Gültigkeit.

Gerade dies alles ruft für die Eibe jene wehmütige Teilnahme wach, die für jedwede feinere Empfindung dem Hinschwindenden, dem Untergang Entgegengehenden anhaftet. Bei uns muss es mit ihr rasch abwärts gegangen sein. Man sucht nach ihr innerhalb der Grenzen unserer Mark, deren Waldungen sie als an sich schon gigantisches Unterholz in der Vorzeit zahlreich bewohnte. Noch im vorigen Jahrhundert scheinen nicht wenige historisch nachweisbare Lokalitäten vorhanden gewesen zu sein. Ich bin bemüht gewesen, dieselben litterarisch fest­zustellen.*) Wieviel mehr davon mögen unbekannt geblieben sein. Un­geachtet aller, vermöge des Fortschritts moderner Forstkultur umge­stalteter Lebensbedingungen kann ein so rasches Verschwinden einer Baumart nicht anders als seltsam und fast unerklärlich anmuten und zwar umsomehr da, wo Menschenhand pflegend eingreift, von einem Niedergang der Lebenskraft eben dieser Species nicht das Mindeste zu verspüren ist.

Der Taxus, welcher in verflossener Woche in geringer Entfernung vom Dorfe Buch von uns aufgefunden worden ist, darf, wenn noch nicht mit Gewissheit, so doch mit einem hohen Grade von Wahrscheinlichkeit als wildwachsend angesehen werden. Er befindet sich in der söge- nannten Fasanerie, einem Gehölz, das, in seltener Üppigkeit ungeregelten Baumwuchses, den vollen Charakter der Ursprünglichkeit trägt: Laub­wald in wahrhaft himmelanstrebenden, von keiner Axt berührten Stämmen. Unmöglich, einen passenderen Standort für ein so ver­schollenes Geschlecht zu erdenken L Unter dem imponierenden Grün des allerdings für ein dergestalt kritisches Auge wie das unseres Ascherson bedenklich nahen Parks von Buch ist seines Gleichen nicht vorhanden, mithin an eine Aussaat von daher auch nicht zu denken. Somit hat der Fund, den wir in erster Linie dem scharf beobachtenden Auge unserer Vereinsgenossin, der Frau Stricker verdanken, eine deudro- logische Bedeutsamkeit, die nicht hoch genug anzuschlagen ist.

Es war ein Augenblick des Glücks für mich, den alten Eiben­stamm mit geborstener rotbrauner Rinde und wehendem immergrünen Gipfel, diesen fast zum Fremdling gewordenen Autochthonen, aus heim­lich moosgrünem Waldboden vor mir aufsteigen zu sehen und ihn

*) Andeutungen über die freiwillige Baum- und Strauchvegetation der Provinz Brandenburg, pag. 111, 112. Angebliches, neuerdings angeregtes Vorkommen der Eibe in der Priegnitz hat sich nicht bestätigt. Taxus und Taxodium sind nahverwandte Vokabeln, aber sehr von einander verschiedene Bäume.