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8. (6. ausserordentl.) Versammlung des VII, Vereinsjahres.
aus den weiten Blick über das Teltow zu gemessen, die andere begab sich unter der Führung des Herrn Professor Dr. Pönitz in das Bergstrasse 18/10 belegene Kgl. Institut für Serumforschung und Serumprüfung. Dem kleinen, unansehnlichen Häuschen, in dem die Anstalt untergebracht ist, sieht man nicht an, dass es die Arbeitsstätte für einen der wichtigsten Zweige der heutigen Heilkunst bietet. Herr Professor Pr. Pönitz gab folgende Erläuterungen über die in der Anstalt ausgeführten Arbeiten:
„Eine der wichtigsten Aufgaben des Instituts besteht darin, den Wert des Diphtherie-Heilserums zu kontrollieren und dadurch zu erreichen, dass der Wert des von den Fabriken gelieferten Präparates immer auf gleicher Höhe bleibt. Es geschieht dies in der Weise, dass untersucht wird, wie gross die Menge IHphtheriegift ist, welche von einer gewissen Menge Serum neutralisiert wird. Pas Gift ist aber ge- wissermaassen der Maassstab, an welchem das Serum gemessen wird. Nun hat man aber die Erfahrung gemacht, dass das Diphtheriegift bei jeder Zubereitung desselben anders ausfällt und dass es sich ausserdem nicht unverändert auf bewahren lässt, während es andererseits geglückt ist, Diphtherie - Heilserum im trockenen Zustande unverändert aufzubewahren; man muss nur die Vorsicht gebrauchen, es im luftleeren Kaum zu halten und es dem Einfluss von Licht und Feuchtigkeit zu entziehen. Per Vortragende zeigte ein solches, Serum enthaltendes kleines Röhrchen vor, an welches ein zweites Röhrchen, das Phosphorsäure - Anhydrid enthält, angeschmolzen ist. Pas Ganze ist so stark luftleer gemacht, wie es die elektrischen Glühlampen sind, und danach zugeschmolzen worden. Pa die Phosphorsäure dem Serum den letzten Rest Wasser nimmt, so ist das Serum der Einwirkung der Feuchtigkeit und des Sauerstoffs der Luft entzogen. Pa der Apparat im Dunklen aufbewahrt wird, so fällt auch die Einwirkung des Lichtes auf das Serum fort. . Alle 2 Monate etwa wird ein solches Röhrchen geöffnet und das darin enthaltene Serum in einer bestimmten Menge Glycerinwasser gelöst. Da man nun den Wert des Serums kannte, bevor es eingeschmolzen wurde, so erhält man auf diese Weise eine sogenannte Standardlösung, deren Wert genau bekannt ist und mit deren Hülfe man den Wert von Diphtheriegiften bestimmen kann, und diese Gifte sind es dann, welche zur Prüfung der von den Fabriken eingeschickten Serumproben dienen. Per Weg ist zwar umständlich und erfordert sehr viel Mühe und Sorgfalt, ist aber nicht zu umgehen. — Pie Prüfung des Serums geschieht an Meerschweinchen in der Weise, dass ihnen ein Gemisch von Gift und Serum in der dem angeblichen Werte des Serums entsprechenden Menge unter die Haut gespritzt wird. Pie Giftmenge ist so gewählt, dass das Tier am Leben bleiben muss; stirbt es innerhalb der ersten 4 Tage, so hat das Serum nicht den angenommenen Wert und wird als minder-