10. (3. ordentl.) Versammlung des VII. Vereinsjahres.
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den berühmten, von Kurfürst Friedrich II. der Stadt gestifteten Glasfenstern, von denen ein Fachmann (v. Quast) urteilt, dass „sie die schönsten malerischen Kunstwerke der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Deutschland darstellen“.
Dass Werben von dieser Höhe zu einem winzigen Örtchen herabsank, ist die Folge des 3Ujährigen Krieges. Unter den altmärkischen Städten hatte es nächst Osterburg in dieser Zeit am meisten gelitten. Immer wieder wurden Kontributionen über die Stadt verhängt, bald von den Kaiserlichen, bald von den Schweden. Immer wieder wurde es von den Feinden verheert und geplündert. Lange Zeit bildeten die von Gustav Adolf bei Werben angelegten Befestigungen den Zankapfel zwischen den beiden grossen streitenden Parteien. Das „Schwedenlager“ bei Werben erlangte einen gewissen Ruf, und noch die Gemahlin Friedrichs des Grossen besuchte die Stadt, um die Reste dieser Befestigungen zu sehen. Werben geriet durch den Krieg in solche Bedrängnis, dass zuletzt nach wiederholten Versuchen, seine Finanzen zu ordnen, nichts übrig blieb, als einen allgemeinen Konkurs zu erklären, in dem sämtliche Gläubiger leer ansgehen mussten. Nur so war es möglich, der Stadt die zur Verwaltung notwendigsten Einnahmen zu retten.
Diese hier in den gröbsten Umrissen gegebene Geschichte Werbens erzählt der Verfasser eingehend. Er berücksichtigt dabei, was sehr zu loben ist, besonders die kulturhistorische Seite seiner Aufgabe und bietet ein reichliches Material zur Kenntnis des Lebens und Treibens unserer Ahnen. Wir ex’fahren allerlei Interessantes, das in uns das (wie mir scheint nicht berechtigte) Gefühl auf kommen lassen könnte: „Und wie wirs dann zuletzt so herrlich weit gebracht.“ So erzählt er von einem Hexenprozess, der sich im Jahre 1591 abspielte. Damals hatte ein Werbener Bürger das Unglück, dass ihm „sechs Brauen Bier, auch an Branntwein in die 100 Gulden verdarben, 6 Kühe und 24 Schweine plötzlich starben.“ Die Schuld an diesem Unglück wurde einer Frau zugeschrieben. Sie sollte in einem Streit zur Gattin des Betroffenen gesagt haben, dass der Teufel ihr bald ihr Gut nehmen würde. Sie wurde dafür zur Tortur verurteilt, und zweimal machte der Scharfrichter den grausamen Versuch, unter Anwendung der üblichen Martern sie zum Bekenntnis zu zwingen. Er blieb erfolglos. Der Kurfürst Johann Georg aber, an den sich der Mann der Gefolterten wandte, belegte die Ratmänner der Stadt wegen unbilligen Verfahrens mit empfindlichen Strafen.
Ein helles Licht auf den Unterschied der Zeiten wirft auch eine Verordnung des Werbener Rates vom Jahre 1612. Es ist bekannt, dass im 16. Jahrhundert eine Üppigkeit aufkam, die erst im 17. ein gewaltsames Ende fand. Ein übertriebener Luxus im Essen und Trinken, in der Kleidung, überhaupt in der ganzen äusseren Lebensführung machte sich breit, die weder Verordnungen der Fürsten noch die Satiren der