Das König!. Joachimsthalsche Gymnasium.
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Zu den regelmässigen Übungen gehörten auch die Deklamationen, welche nachmittags am Mittwoch stattfanden und die Imitationen, d. h. die scenischen Darstellungen. Auch deutsche Actus wurden gehalten. Auch in der Musik wurden die Knaben fleissig unterrichtet: „etzliche auch, die Behebung dazu trugen, in Instrumentali, deswegen viel Violen und Geigen dahin verschaffet wurden. Die Moteten alle gar beweglich gesungen nach Erforderung des Textuum, so von dem Cantore zuvor alle unterstrichen waren, was plana oder submissa voce sollte gesungen werden, alles langsam, frenatis, faucibus, graviter, suaviter, conformiter. Keine Stimme musste die ander überblöken oder überschreyen.“
Anfangs ging alles gut, Nur mit der körperlichen Pflege stand es schon iu den ersten Jahren nicht so, wie der Kurfürst gewollt hatte. Es wurde geklagt, dass die „so über Küche und Keller gesetzet waren, ihren eigenen Weitzen dabey gar zu merklich geschnitten.“
Der Kurfürst liess jährlich 20 Tonnen weissen und 20 Tonnen roten Wein für Lehrer und Schüler nach „Joachimsthal schaffen. Letztere erhielten davon aber sehr wenig.
Im übrigen war der Gesundheitszustand in den ersten Jahren nicht ungünstig. Die Knaben wurden am Mittwoch und Sonnabend Nachmittag von 2—5 Uhr auf den Spielplatz, in das Bad, in den Wald, nach Grimnitz entlassen. Wer erkrankte, wurde zum Chirurgus, der zugleich Bader war, geschickt.
Bald traten aber Missbrauche ein. Schon im ersten Jahr mussten 4 Schüler entfernt werden. Leider starb der Kurfürst schon im Jahre 1608.
Von schwer wiegendem Einfluss war der Übertritt von Joachims Nachfolger Johann Sigismund (von 1608—1619) zur reformierten Konfession, 1613. Mit seinem Tod aber hörte anscheinend die persönliche Teilnahme des Landesherrn an der Entwickelung der Schule vorläufig auf.
Schon 1614 wurde geklagt, dass die Lehrer ihr Gehalt nicht erhielten, ihnen das Brennholz nicht geliefert werde, für die Bibliothek nichts geschehe, die stiftsmässigen Zahlungen nicht eingingen. 1621 musste die Zahl der Schüler von 170 auf 74 reduziert werden, und bald wurde auch diese Zahl nicht mehr erreicht. 1638 war sie auf 39 gesunken. Das Protokoll der Visitation vom Jahre 1635 enthält schlimme Beschuldigungen und Anfeindungen. So ist das Ergebnis dieser ersten Epoche der Schule sehr ungünstig. Von 788 Schülern, welche die beiden ersten Rektoren Bumann undDresenius aufnahmen, verliessen 186 die Schule heimlich. Nur 56 gingen zur Universität über. 1636 wurde in der Nacht vom 5. bis 6. Januar von kursächsischen Soldaten das Gebäude von Grund aus zerstört und somit der Schule ein Ende gemacht. Die Lehrer gingen teils nach Angermünde, teils nach Berlin und kämpften mit Not und Elend.