Heft 
(1898) 7
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12. (9. ausserordentl.) Versammlung des VII. Vereinsjahres.

nächsten Jahre kaufte der Verein in der Bellevuestrasse 3 1885 Quadrat­rathen für 850 (MX) Mk. zum Bau an. Zugleich schenkte er Kunstwerke als Bausteine im Werte von 250(HK) Mk; davon soll den Donatoren von Geldbeträgen der Dank bethätigt werden.

Aber wir hätten nicht so schöne Erfolge erzielt, wären wir nicht stets der Huld des Kaisers in so deutlicher Weise sicher gewesen. Wie Kaiser Wilhelm der Grosse der erste Förderer des Vereins Berliner Künstler war, wie Kaiser Friedrich und seine erlauchte Gemahlin die Künstler heranzogen selbst zu der künstlerischen Feier ihrer silbernen Hochzeit, so schützte Kaiser Wilhelm II. stets den Verein. Er ehrte ihn bei der Jubiläumsausstellung 1891; er befestigte ihn-durch die Aus­stellungssatzungen von 1893, er zeichnete ihn aus durch die Teilnahme an der Feier von Menzels 80. Geburtstag. In gleicher Weise hat er dem Künstlerhause durch die That seine Fürsorge erwiesen.

Wir gehen nun zur Architektur des Hauses über und folgen hier im wesentlichen den Ausfühuungen eines erfahrenen Kritikers Herrn Fritz Stahl in der Deutschen Lesehalle vom 16. v. M.

Wegen der sehr bedeutenden Kosten des Gründungswerks war es nicht möglich, den Bau von Grund aus neu aufzuführen, vielmehr über­nahm Karl Hoffacker die schwierige Aufgabe, unter Beibehaltung eines Teils der Grundmauern und der Fassade, ein neues befriedigendes Werk zu schaffen. Mit Selbstverleugnung, Geschick und Geschmack ist dies in der befriedigendsten Weise gelungen.

Will man die Art des Baues kennzeichnen so führt Fritz Stahl aus so muss man zunächst darauf hinweisen, dass Hoffacker auf die ganze spielerische Altertümelei verzichtet hat, die einem allgemeinen Vorurteil nach noch zum Begriff des Künstlerhauses gehört, und der man gerade in diesem Augenblick bei dem Neubau in München wieder reichlich Opfer bringt. Wenn man die Anschauung, dass es vor allem darauf ankommt, vom Bedürfnis auszugehen und den Schmuck organisch mit dem notwendigen Gerüst zu verbinden, modern nennen darf, trotz­dem sie sehr ehrwürdigen Alters ist, so ist der Bau modern. Aber er ist mehr: die Schmuckformen, die an den romanischen Stil sich an- schliessen, aber doch frei und eigen sind, geben ihm eine ausgesprochen deutsche Note. Diese Verbindung, modern und deutsch, ist auch das Charakteristikum des Messelschen Kaufhauses Wertheim. Es zeigt sich im Vergleich, wie verschiedene Werke künstlerische Persönlichkeiten aus derselben Grundanschauung heraus schaffen können. Hoffentlich wird die gesunde Tendenz in Architektur und Kunstgewerbe zur Herrschaft gelangen. Die Fassade hat ein Rustica-Erdgeschoss; in der Mitte durch­bricht sie das Portal, zu beiden Seiten steht ein Fenster. Im Ober­geschoss sind nur die Fenster über den unteren erhalten geblieben, in der Mitte ist eine grosse Fläche gewonnen, in die der Portalbau mit