Heft 
(1898) 7
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Besichtigung des neuen Kfinstlerhauses Bellevue Strasse.

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einem grossen Aufsatz hineinragt. Dieser Aufsatz besteht aus einem Mosaikbild in einem reichen plastischen Rahmen, der die Pfeiler des Stockes fortsetzt. Der Rahmen, aus der Werkstätte Otto Sehrings, ist im Massstab und in der Formensprache nicht sehr glücklich. Das Mosaikbild mit dem Dürer-Medaillon zwischen den Gestalten der Malerei und Plastik, wirkt in der etwas monotonen. Fassade recht belebend; es ist von Koberstein nach einer Skizze des Architekten gezeichnet.

Durch das Portal tritt man in ein flach gewölbtes Vestibül, das direkt in das Treppenhaus führt, und von dem man schon von vorn an in den grossen Ausstellungssaal sieht, der im ersten Stock an der Rückseite des Hauses liegt. Die Langwände des Vestibüls sind durch gekuppelte Pilaster von rotbuntem Marmor gegliedert, zwischen ihren Kapitellen ragen aus ornamentiertem Grunde Drachenköpfe heraus, die Beleuchtungskörper tragen. Ornamentierte Gurte schmücken das Ge­wölbe. Der ganze Oberbau ist weiss. In dem sehr reizvollen Or­nament tritt hier wie sonst als dominierendes Motiv das Laub des Epheus auf.

Der Eingang zu dem Ausstellungssal ist mit einem prachtvollen Holzportal geschmückt. In den beiden Pfosten ist der Segen der Ein­tracht symbolisiert, über dem Rundbogen rankt sich blühendes Rosen­gezweig empor, das dem Künstlerwappen als Rahmen dient. Der Ober­lichtsaal hat auf dunkelbraunem Paneel rote Wandflächen, die Vouten sind in Grün und Gold gehalten. Es würde zu weit führen, alle Aus­stellungsräume, die zum Teil neben diesem Hauptsaal, zum Teil unten am Vestibül liegen, einzeln zu beschreiben. Es sei nur gesagt, dass sie in der Grösse, in der Beleuchtung und im Farbenton so reich variieren, dass jedes Kunstwerk seinem Charakter, der Nuance seines Charakters gemäss zur Geltung gebracht werden kann, vom Kolossal­gemälde bis zur Kleinbronze. Das Berliner Künstlerhaus ist geradezu das Ideal eines Ausstellungshauses; es hat nicht nur alle Vorzüge des alten Hauses der Münchener Sezession, sondern darüber hinaus den einer reicheren Ausstattung. Überall zieht sich an den Friesen und den Gurten der Voute reizvolles Ornament hin. Das Treppenhaus ist in Weiss und Gold gehalten, mit gemalten Füllungen von Max Koch, die, vorher fertig gemacht, nun sich nicht recht in den Rahmen ein- fiigen wollen. Tritt man aus dem Oberlichtsaal in das Treppenhaus zurück, so sieht man im zweiten Stock den Eingang zum Festsaal, der nach der Strasse zu liegt. Die Wände haben eine Basis und Halb­pfeiler in dunkelgrauem Marmor, zwischen diesen umrahmenden Teilen sind die Flächen in rötlichgrauem Marmorputz ausgeführt. An den Halbpfeilern sind die Beleuchtungskörper in schön geschmückten Kästen von mattiertem Messing angebracht. Die Decke ist in einem Kleeblatt­bogen gewölbt; die Schnitzereien bezeichnen den Höhepunkt des orna-