13, (4. ordentl.) Versammlung des VII. Vereinsjahres.
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verhindert worden. A. 1741 soll sich zu Teuritz, Wusterh. Insp. eine der pest nicht unähnliche krankheit geäussert haben, da die Patienten aller sinne bis aufs gesicht beraubet wurden, und wenn sie wieder zu sich gekommen, nicht gewusst, was ihnen begegnet, sondern gern einet, sie hätten eine nacht geschlafen; nachhero aber am leibe schwarze bläuliche geschwiir und grosse löcher bekommen. Auch .will mau um diese zeit im Lazaret zu Ratenau an einigen kranken, die mit Fleckfieber behaftet gewesen, pestheulen beobachtet haben, deren öfnung einen grässlichen gestank verursachet, daran auch 2 Wundärzte gestorben.“ —
Soweit der alte Bekmann. Es folgt aus alledem, dass der Spruch des weisen Ben Akiba, nichts Neues unter der Sonne, sich auch bei der Pest bewahrheitet. Aus dem Gebahren der Pest-Arzte, sich durch Masken vor dem Einatmen der Pestkeime zu schützen, folgt, dass man diese Verbreitungsquelle der schrecklichen Krankheit, des Schwarzen Todes, bereits erkannte, welcher die Opfer des Wiener Pestausbruchs Dr. med. Franz Müller und Wärterin Pecha, sowie der Krankenwärter Barisch, kürzlich erlegen sind; denn in dem fachmännischen Bericht von heut in der Wiener „Klinischen Wochenschrift“, dem Organ der Wiener Gesellschaft der Ärzte, heisst es ausdrücklich, wie der Verlauf der Infektion darauf hindeute, dass die Aufnahme der Pestbazillen durch Inhalation erfolgte und dass dadurch die perniziöseste Form der Ansteckung zu Stande kam. In der ergreifendsten Form ist der Verlauf einer Pestseuche und die damit verbundene Lösung aller sittlichen Bande in des grossen Alessandro Manzoni*) unsterblicher Erzählung: I p|ro- messi sposi, storia milanese del secolo XVII. geschildert. Während dies Werk durchaus sittlich ernst gehalten ist und während die schrecklichen Heimsuchungen durch die Pest an vielen Orten zu öffentlichen Bussübungen Anlass gaben, bei denen besonders die schaurigen Umzüge der Flagellanten oder Geisselbrüder grell in die Erscheinung treten, scherzte man an anderen Orten gelegentlich wohl über den Würgeengel der Pest, wie beispielsweise Giovanni Boccaccio (geb. 1315, f 1375), der zu der Zeit, als das grosse Peststerben in Florenz wütete, seine unter dem Titel „Decamerone“ weltberühmte .Sammlung meist scherzhafter und ausgelassener Erzählungen publizierte, mit denen die dem Pesttode Geweihten sich die ihnen noch vergönnte kurze\Lebens- spanne aufheitern zu sollen vermeinten.
In Bezug auf unsere Abbildung eines Pestdoktors von 1650_sei noch bemerkt, dass die in dieser Tracht erscheinenden Arzte einerseits
*) Alessandro Manzoni, geb. 7. März 1785 zu Mailand, f 23. Mai 1873. Das erwähnte Werk „Die Verlobten 11 , die Schilderung der Pest in.Mailand 1630 u. A. enthaltend, erschien in Mailand 1827. Später (1842) erschien eine umgearbeitete Ausgabe mit einem Anhänge „Storia della Colonna infame“, worin M. in Beziehung auf .die, Hinrichtungen während der Pest in Mailand die Richter des Justizmordes anklagt.