13. (4. ordentl.) Versammlung des VII. Vereinsjahres.
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Sie taucht lebhafter seit der Renaissance des Quattro Cento mit den sonstigen klassischen Erinnerungen wieder auf und hat die Kunstwelt, die Malerei und Plastik, bis auf den heutigen Tag nicht verlassen.
Mit dieser Vorstellung der Abwehr und Vernichtung des Feindes und seiner bösen Pläne und Gefühle hängt die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Neid zusammen. Im jetzigen Sprachgebrauch drückt es nach Matthias von Lexer in Grimms Wörterbuch „besonders jene gehässige und innerlich quälende gesinnung, das misvergnügen aus, mit dein man die Wohlfahrt und die Vorzüge anderer wahrnimmt, sie ihnen missgönnt mit dem meist hinzutretenden wünsche, sie vernichten oder selbst besitzen zu können, sinnverwandt mit abgunst, misgunst, schelsucht“.
Dagegen unterscheidet man im Altdeutschen einen üblen und einen guten Neid. Der üble Neid wird durch die eben gehörte, jetzt allein noch im Volksmunde übliche Definition ausgedrückt. Der gute Neid dagegen bedeutet nach Lexer a. a. O. S. 550 die Anstrengung und den Eifer im Kampfe, den Ungestüm gegen den Feind, den Kampfesgrimm. Daher erklärt sich beispielsweise der uralt germanische Vorname Neidhart; es wäre doch undenkbar, dass Eltern ihrem Kinde einen Ekelnamen geben. Aber der Vorname Neidhart bedeutet eben etwas Rühmliches, nämlich, dass der Betreffende im Kampfesgrimm gewaltig ist oder sein soll.*)
Das passt auch auf das vernichtende Medusenhaupt und so dgckt sich letzteres mit der Idee des Neidkopfs vollständig, ebenso mit dem der einen Kopf tragenden Neidstange.
Hiernach ist es klar, weshalb die klassischen Völker, die Völker des Mittelalters wie die der Renaissance und Neuzeit über ihren Haus- thüren gern Schreckbildnisse, die Meduse und den Neidkopf anbringen, diese Köpfe bedeuten thätliche nach dem Vorermittelten Abwehr gegen Feinde und feindselige Gesinnung, zu welcher allerdings der blasse Neid u. a. auch gehört.**)
Vgl. den berühmten Neidhart vonReuenthal, den Minnesänger, welcher am bayerischen und österreichischen Hofe bis um 1240 lebte.
**) Auch andere Köpfe, meist Mannsköpfe befinden sich über den Hausthüren aus Stein gemeisselt (z. B. ein lorbeergekrönter Kopf über der Hausthür Heilige Geist- Str. 36) welche Häupter man mit dem Bauopfer (vgl. Brandenburgia IV. 246—253) in Verbindung bringt. So sagt Felix Liebrecht (Zur Volkskunde, Heilbronn 1879 S. 291) „Hierher gehören wohl auch die meisten Köpfe, die sich nicht selten als Wahrzeichen an Gebäuden fanden und noch finden; sie ersetzten wahrscheinlich die ehedem in die Grundmauern vergrabenen Menschen. — — — Sie hüteten die Bauwerke, an denen sie sich befanden, obschon sie in späterer Zeit häufig blossen Herkommens wegen angebracht worden sein mögen; auch werden sie anfänglich oft einen heitern lachenden Ausdruck gehabt haben, denn auch die ursprünglichen Opfer fielen, bei den Römern und Griechen wenigstens, unter Lärm und Flötenspiel. Vgl. Grimm DM. 40,