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13. (4. ordentl.) Versammlung des VII. Vereinsjahres.
Zur Zeit, als die Cosmarsche Sage vom Berliner Neidkopf aufkam, war diese altklassische und altgermanische Bedeutung des Medusen- und Neid-Hauptes im Börgerstande vergessen. Die spiessbörgerhaften Epigonen sahen im Neidkopf das Konterfei neidischer Goldschmiedstöchter als Konkurrentinnen des fleissigen Gewerksgenossen, und entsprechend dem lehrhaft-erzieherischen Charakter des 18. und der ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts erblickten sie fälschlich in dem Neidkopf lediglich einerseits eine Verhöhnung und Bestrafung des bösen Nachbars, der gegen das Wort des Katechismus „getreue Nachbaren und desgleichen“ sündigte,*) andrerseits ein moralisch-erziehliches Warnungsmal für jedermann, der das hässliche Gebilde erblickte. Auf diese Weise erklärt sich die Entstehung der Cosmarschen Legende.
Es ist mir angenehm, dass ich mit diesem Gedanken der aktiven Abwehr durch den Neidkopf mich mit den Herren R. Buchholz und Robert Mielke durchaus in Uebereinstimmung befinde.
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Von den beiden dem Bnchholzsohen Werk entnommenen Abbildungen stellt die links den gebrannten Thonkopf aus dem alten Patrizier- hans Spandauer Str. 49, die rechts das sandsteinerne Medusenhaupt des Hauses Neu Köln a. W r . No. 14 dar.
Bei der hierauf entstehenden Besprechung teilte Herr R. Mielke noch einige Bemerkungen mit, welche in einem besonderen Aufsätze gesammelt werden sollen. Herr August Förster berichtete,
der hinzufügt: »ne flebilis hostia immoletur.« — Das gilt natürlich nicht von vielen Steinköpfen aus den letzten Jahrhunderten, z. B. nicht von geschichtlichen Persönlichkeiten, wie von einem Kopf des Grossen Kurfürsten und des Kurprinzen (spätem Kurfürst Friedrich III. bzw. König Friedrich I.) von Portalen der Laubengänge der 1887—89 abgerissenen Mühlendammkolonnade, verwahrt im Märk. Museum, abgebildet bei R. Buchholz a. a. O. S. 39, Kat. B. X 426 und 427.
*) Dr. Martin Luther: Der kleine Katechismus. III. Ilauptsttick. Das Vater.
unser. Die Vierte Bitte. AVas heisst denn täglich Brot?.»gute Freunde,
getreue Nachbarn und desgleichen.«