Heft 
(1898) 7
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14. (5. ordentl.) Versammlung des VH. Vereinsjahres.

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das Hauptgebäude lehnte sich früher auf der Nordseite ein Seitenflügel an, derselbe wurde jedoch 1775 durch einen Brand vernichtet. Das Hauptgebäude selbst war einst zweistöckig, das obere Stockwerk wurde vermutlich wegen Baufälligkeit vor längerer Zeit abgetragen. Im Innern des Gebäudes sind grosse Säle und Zimmer erhalten, die mit ihren mächtigen Fensterbogen und ihren tiefen Wandnischen einen gediegenen Eindruck machen. Im oberen Stockwerk, wo sich bis vor kurzem das Amtsgericht befand, sind allerdings verschiedene Zwischenwände gezogen, welche den Gesamteindruck zerstören, im Erdgeschoss aber, wo sich die Wohnung des Domänenrats befand, kann man die Zimmer, besonders den ehemaligen Speisesaal, in ihrer gewaltigen Grösse bewundern. Unter dem Hauptgebäude ziehen sich grosse Keller mit Tonnengewölben entlang, ähnliche Räume sind unter dem Brauhaus angelegt; in den oberen Räumen desselben sollen sich noch Spuren ehemaliger Freskomalereien finden. Die ganze Schlossanlage macht mit ihren altertümlichen einfachen Gebäuden im Schmucke hoher Lindenbäume einen stattlichen und zugleich friedlichen Eindruck, und an schönen Sommerabenden muss der stille Schlosshof mit seiner prächtigen Aussicht auf die Stadt und den Stor- kower See einen gemütlichen Aufenthaltsort gewähren.

Im 13. Jahrhundert befand sich die Herrschaft Storkow im Besitz der Familie von Strele und ging dann auf die mit ihr verschwägerte Familie von Biberstein über, in deren Händen sich das Schloss im An­fang des 16. Jahrhunderts befand. Im Jahre 1518 trat Herr Ulrich von Biberstein seine beiden Herrschaften Beeskow und Storkow an den Bischof Dietrich von Lebus für 45000 Rhein. Gulden ab und an Stelle der ehrenfesten Ritter und Mannen zogen die geistlichen Herren im Schloss Storkow ein. Die beiden Herrschaften blieben bis zum Jahre 1555 im Besitz des Bistums. Der letzte Bischof von Lebus, Joachim Friedrich, Markgraf von Brandenburg, war ein zehnjähriger Knabe, für welchen sein Vater, der Kurprinz Johann Georg, die Verwaltung des Stifts über­nahm. Dieser veräusserte am 8. Dezember 1555 Beeskow-Storkow an seinen Oheim, den Markgrafen Johann von Cüstrin, der sich 1556 im Schlosse zu Storkow huldigen liess,-'und nach dessen Tode gingen die Herrschaften und somit auch Schloss Storkow in den Besitz des Kur­fürsten Johann Georg über. Das Schloss wurde nun der Sitz eines kur­fürstlichen, später königlichen Rentamts und hat im Laufe der Zeit nebenher die verschiedensten Institute in seinen Mauern beherbergt, so 1775 eine von Friedrich dem Grossen eingerichtete Spinnerei und in den letzten Jahrzeheten das königl. Amtsgericht. Jetzt wohnt nur noch der Domänenrat Böhmer im Schlossgebäude. Er steht mit dem Domänen­fiskus in Unterhandlung, um das Schloss käuflich zu erwerben, und will es dann dem Vaterländischen Frauen verein zur Einrichtung eines Kranken­hauses schenken. Zur Bedingung wird aber die Erhaltung der altehr-