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11. (5. ordentl.) Versammlung des VII. Vereinsjahres.
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Salviati, welcher hiervon Kenntnis erhielt, und welcher den grossen Wert, welchen die Mosaiktechnik für die neue Kunstströmung unbedingt erringen musste, voll erkannte, associierte sich mit Kadi, dem die Ge- schichte eigentlich den Ilauptanteil an der Wiederbelebung des Mosaiks zu billigen müsste.
Das Verdienst Salviatis soll deshalb nicht geschmälert werden. Diesem gewandten und kunstbegeisterten Manne gelang es, in weniger als einem Jahrzehnt, das allgemeine Interesse der ganzen gebildeten Welt diesem monumentalsten aller Kunstzweige wieder zuzuwenden.
Die Aufträge, die ihm aus allen Teilen Europas und selbst aus aussereuroj)äischen Ländern zugingen, sind ein Beweis hierfür. In Berlin nenne ich nur die Kundgemälde an der Siegessäule, sowie die Mosaiken am Palais Pringsheim, Wilhelmstr., und an dem Geschäftshause der Versicherungsgesellschaft New-York, Ecke Leipziger- und Wilhelmstr., die sämtlich aus den Werkstätten Salviatis hervorgegangen sind.
* Es zeigte sich eben, wie von jeher beobachtet wurde, auch in der
Jetztzeit, die glücklicherweise eine gesteigerte Farbenfreudigkeit verrät, immer mehr, dass keine andere Methode, Fassaden oder Innenräume, die starken Temperatur- oder Feuchtigkeits-Einflüssen ansgesetzt sind, unter Zuhiilfenalnne der Farbe dekorativ auszuschmücken, den Vergleich mit gutem Mosaik aushält. Selbst die durch ihre Kostbarkeit von vornherein nur auf Ausnahmefälle angewiesene Malerei auf Kacheln, deren vielbewunderte und unübertreffliche Proben die Königliche Porzellan- Manufactur der Welt vorgefijhrt hat, leidet an einem grossen Fehler, der zwar ihre Dauer keineswegs in Frage stellt, den Genuss aii der Darstellung aber sehr erheblich beeinträchtigt: an den starken und mit- unter absolut störenden Reflexlichtern. Ausserdem ist ihre Anpassungsfähigkeit an einigermassen belebte architektonische Formen eine sehr beschränkte und ihr monumentaler Charakter keineswegs fraglos. Farbige Majolikareliefs und bunte Ziersteine, die hin und wieder mit sehr glücklicher Wirkung angewandt werden, verhalten sich dem Architekten gegenüber ebenfalls äusserst spröde. Sie prätendieren gleichsam, dass ihre Verwendung von vornherein ins Auge gefasst werde, sodass die sonstigen dekorativen Formen den Rahmen hergeben, dem sie sich einfiigen. Sie ordnen sich nicht so sehr dem allgemeinen Plane ein und unter, sondern verlangen vielmehr als wesentlicher Bestandteil der gesammten dekorativen Anordnung in erster Linie die zarteste Riick- sichtsnahme. Dabei unterliegt ihre künstlerische Bedeutung selbst bei der vorzüglichsten Ausführung stets einer sehr geteilten Auffassung. Die grossen Vorzüge der Fresco-Malerei bedürfen weder vorn künstlerischen, noch vom architektonisch-dekorativen, noch vom monumentalen Standpunkte aus einer besonderen Befürwortung. Gelänge es, sie haltbar zu machen, so wäre über ihre weitgehendste Anwendung kein