Heft 
(1898) 7
Seite
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Kleine Mitteilungen.

man einen Griff stecken kann, wie in der Figur angedeutet. Das Getreide wurde in das Mittelloch neben die Spindel geschüttet, geriet beim Hinundher- drehen des Obersteins allmälhlich zwischen die Steinscheiben und fiel dann als Mehl in der Peripherie heraus, wo es in einem untergelegten Tuch auf­gefangen wurde.

Auf dem Kirchhof fand sich die bei mittelalterlichen Klöstern und Kirchen der Mark Brandenburg häufiger gefundene grosse Weinbergschnecke (Helix pomatia L.) in Mengen vor. Dies Weichtier ist noch jetzt in katho­lischen Gegenden eine erlaubte und beliebte Fastenspeise. Ob diese Schnecke bei uns ursprünglich einheimisch sei, ist noch nicht mit Sicherheit festgestellt. Vielfach macht cs den Eindruck, als sei Helix pomatia in Kloster- und Pfarr­gärten etwa im 12. und 13. Jahrhundert eingeführt worden und dann von diesen Verbreitungspunkten aus in der Umgegend verwildert.

E. Friedei.

Doktor Eisenbart. Im Sommer 1703 schritt Doktor Johann Andreas Eisenbart in Berlin über die lange Brücke nach einem in der Nähe errichteten Gerüst. Er trug einen grünen Kock, gelbe Weste, schwarze Hosen und rote Schuhe; eine aus Zinn geformte Schlange hielt die Federn an seinem spitzen Hute fest. Die mächtige Lockenperücke hing ihm tief in den Kücken, und an dem spanischen Rohre, das er unter dem Anne trug, befand sich statt des Knopfes ein aus Knochen geschnitzter Totenkopf. Auf dem noch ver­hüllten Gerüst standen Flaschen, Kruken, Büchsen und Schachteln in den verschiedensten Grössen. An den Ecken desselben waren ausgestopfte Eulen, Raben und Fledermäuse angebracht und hinten hing ein auf Holz gemaltes Bild, das Eisenbart zwischen Kranken darstellte, die er geheilt entliess. Bevor er das Gerüst bestieg, entfernte sein Diener, der medizinische Pickelhering, die verhüllenden Tücher. Schon hatten Ausrufer unter Trompetenschall in den Strassen verkündet, dass derweltberühmte Doktor, Operator und Medicinae practicus aus dem Magdeburgischen in Berlin angekommen, im Weissen Ross an der Fischerbrücke abgestiegen und an der langen Brücke zu sprechen sei. Dort hielt er allerlei Tropfen, Salben, Pflaster, Liebestränke undsonderlich Heilmittel gegen das Fieber bereit. Er erbot sich zu den schwierigsten Kuren und Operationen; zu Reichen und Armen wollte er auch in die Wohnung kommen, zu jenengegen Erkenntlichkeit, zu diesen ohne Entgelten.

Durch seine viereckig gefasste Hornbrille beobachtete er die Menge, die das Gerüst umdrängte: Kranke und Neugierige, Soldaten, Näh- und Klöppelmägde, Fuhrleute und Sänftenträger. Auch Bäcker und Schlächter, die auf dem neuen Markt, dem Hundemarkt und vor dem Rathause Fleisch, Schwarzbrot und weisse Semmeln verkauften, kamen herbei. Für jedes Leiden hatte Eisenbart das richtige Mittel. Zwei Groschen für eine Flasche oder Kruke war der gewöhnliche Preis. Er sah sich übrigens die Käufer dabei an, denn als eine Hofdame in einer Portechaise kam, nahm er ihr für eine Salbe einen Thaler ab. Dass der König Friedrich I. ihn rufen liess, wie er später erzählte, war sicher von ihm erfunden; über seine Anwesen­heit im Schlosse ist nichts bekannt. In adelige Häuser dagegen ward er