Kleine Mitteilungen.
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häufig gerufen und ausser den Heilmitteln, die er verabreichte, bot seine Frau Schönheitspflästerchen und in Pfefferblätter gewickelte Betelnüsse an, die Früchte der im Ilimalaya wachsenden Betelpalme. Von dort wollte Eisenbart die Nüsse bezogen haben; beim Kauen derselben färbten sich Mund, Zähne und Lippen rot, der Mund ward erfrischt und der Atem angenehm. Die Schönheitspflästerchen sollten echt französische Ware sein, doch wurden sie von Eisenbarts Frau aus winzig runden Taffetstüchen in Form von Halbmonden, Sternen, Insekten, Vögeln und allerlei wildem oder zahmem Getier ausgeschnitten, bemalt und mit Wachs bestrichen. Jeder Mouche wusste sie ihre besondere Benennung, Bedeutung, Anordnung und Auslegung zu geben. Um den Glanz eines schönen Auges zu erhöhen, ward die verliebte Mouche im linken Augenwinkel angebracht. Die kecke herausfordernde kam auf die Nase, die eroberungslustige an die Lippen, die gefällige auf die Mitte der Wange, die leidenschaftliche an den Mund.
über Eisenbarts Heilmittel ist wenig und über die Dauer seines Berliner Aufenthalts genaueres nicht bekannt. Glaubwürdig wird berichtet, dass sich die Berliner Ärzte in ihrem Erwerbe durch ihn benachteiligt fühlten. Doch blieb ihre, dem König vorgetragene Bitte, ihn aus der Stadt zu entfernen, zunächst ohne Erfolg. Erst als der in grossem Ansehen stehende Arzt Löbel die reiche Frau Liebmann, die Witwe des Hofjuden und Hofjuweliers, um ihre Verwendung ersuchte, fand sich Friedrich I. zur Erfüllung der Bitte geneigt. Liebmanns stets offene Kasse hatte ihm aus mancher Verlegenheit geholfen, wofür er ihm die Erlaubnis zum Bau eine Synagoge in der Ileidereutergasse erteilte, und nach seinem Tode ging die königliche Gunst auf seine Wittwe über, die dem Monarchen gleichfalls Darlehne machte oder verschaffte. Gleich ihrem Manne hatte sie stets freien Zutritt im Schlosse. Ihr gelang es, den König umzustimmen, und Eisenbart musste Berlin verlassen. Er ging nach Sachsen, wo er 1661 geboren war, legte sich aber den Titel eines „königlich preussischen Hofokulisten“ eigenmächtig bei. Seine Vaterstadt ist nicht bekannt; in Jena hat er studiert und im Weigelschen Hause, einem der sieben Wunderwerke Jenas, gewohnt Dann kam er als „fliegender Arzt“ in die Gegend von Anhalt und Köthen. Einige glückliche Kuren verschafften ihm grossen Zulauf; dem in deutscher Uebersetzung erschienenen, in lateinischer Sprache verfassten Werke eines Schweizer „Vogel-, Tier- und Fischbuch“ soll er die meisten der von ihm angewandten Heilmittel entnommen haben. Den Tieren wurden damals heilwirkende Kräfte nachgerühmt. Sogar das geraspelte Horn des fabelhaften Einhorns — „dies schrecklich wilde Tier ist noch von keinem gesehen“ — ward gegen giftige Speisen und Schlangenbiss empfohlen. Von Köthen zog Eisenbart nach Magdeburg. Dort nahm er die Ausrufer in Dienst und der schon bis Leipzig gedrungene Ruf seiner erfolgreichen Kuren führte ihm den Spassmacher, den medizinischen Pickelhering zu, der das Publikum durch Possen und Zoten anlockte. Der Leipziger Rat hatte ihn „mit verschärfter Warnung“ aus der Stadt gejagt, „da solche Possenreisser, welche für Ärzte, Bruch- und Steinschneider agiren, grobe Zoten und denen für Christenmenschen nicht geziemende Narrtheidungen von sich hören Iiessen, darob grosser Auflauf und Tumulte geschehen.“ Dieser Bursche kam zu Eisenbart,