Heft 
(1898) 7
Seite
462
Einzelbild herunterladen

462

Denkmalsschutz in Berlin.

Denkmalsschutz in Berlin.

Aus den Magistrats-Akten No. lölü v. B. I 98 in actis: Kunst- und wissenschaftliche

Gegenstände gen. 7.

Berlin C. 2, den 21. Mai 1898.

Klosterstrasse 76.

Der Vorstand des Vereins für die Geschichte Berlins beehrt sich dem Magistrat der Haupt- und Residenzstadt Berlin auf Grund eines Vereins­beschlusses nachstehenden Antrag gehorsamst zu unterbreiten:

Der Magistrat wolle so bald als möglich eine Kommission für die Denkmalpflege in Berlin nach dem Vorbild der Provinzial- Kommission fUr die Denkmalpflege in Brandenburg ins Leben rufen und derselben die ehrenamtliche Überwachung der Geschichts- und Kunstdenkmiiler übertragen.

Begründung: Nachdem seit dem Jahre 1891 in allen Teilen des preussischen Staates die Pflege der Denkmäler dadurch gefördert und geregelt ist, dass im Einvernehmen mit der Staatsregierung Provinzial- Conservatoren ernannt worden sind, denen sachverständige Kommissionen, sowie in den meisten Provinzen besondere Vertrauensmänner oder Pfleger für die Mitarbeit zur Seite stehen, erscheint es angemessen, auch in Berlin eine derartige Einrichtung ins Loben zu rufen. Andern­falls würde gerade diejenige Stadt, die eine so grosse Zahl historischer Stätten und Denkmäler in sich schliesst, allein ausserhalb der Organi­sation der Denkmalpflege bleiben, was um so weniger in der Absicht der städtischen Behörden liegen kann, als Berlin durch Professor Borrmann das höchst werthvolle reichillustrirte Inventar der Berliner Bau- und Kunstdenkmäler mit so grossen Opfern geschaffen hat. Nach­dem durch dieses Werk der zeitige Bestand der Denkmäler Berlins in technisch vollendeter Weise festgestellt ist, ergiebt sich von selbst als nächstliegende Aufgabe die Erhaltung und der Schutz der verzeichneten Denkmäler, sowie die Fortführung und Erweiterung des Inventars. Diese Auffassung, die bereits in allen Provinzen Geltung gewonnen, hat in ihrer organisatorischen Durchführung nach den amtlichen Be­richten der Conservatoren in den letzten Jahren bereits sehr erfreuliche Ergebnisse namentlich eine rege Teilnahme weiterer Kreise an der Erhaltung der Denkmäler hervorgerufen. In Berlin aber ist die Gefahr einer Änderung des Bestandes in Folge des weltstädtischen Verkehrs und baulichen Aufschwungs weit grösser als in irgend einer anderen Stadt Deutschlands, während gerade hier auch mehr historisch denkwürdige Bauten, Wahrzeichen, Gedenktafeln u. dergl. zu schützen sind. Es mag hier daran erinnert werden, dass vor längerer Zeit die Königskolonnaden in Gefahr waren abgebrochen zu werden und nur durch das Eingreifen eines kunstliebenden Baubeamten gerettet wurden. Die schönen alten Berliner Thore sind ohne Einspruch dem Verkehr geopfert worden und immer häufiger verschwinden Inschrift­tafeln und Gedenkzeichen, für deren Schutz in Augsburg, München und Nürnberg so eifrig gesorgt wird.