Heft 
(1898) 7
Seite
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Besichtigung der Stearin- und Seifenfabriken in Firma Franz Spielhagen. 461

flüssigen Fettsäuren wird noch ein zweites Mal in mit Dampf erhitzten Pressen vorgenommen. Es hinterbleibt eine bröcklige, zartweisse Masse, das Stearin, das direkt zur Kerzenfabrikation benutzt wird.

Die weitere Verarbeitung geschieht in dem Giesssaal. Hier sind in mehreren Reihen eine grosse Anzahl von Giessmaschinen aufgestellt. In jeder wird eine gewisse Anzahl von Kerzen auf einmal gegossen und dann herausgedrückt. In einem Kasten sitzen die Formen, die mit ihrer oberen Öffnung bis in den Giestrog reichen, welcher das flüssige Stearin aufnimmt. Der Docht ist in dem unteren Teil der Maschine auf Spulen aufgewickelt. Vor dem ersten Guss werden die Dochte oben durch Hölzchen befestigt und dann wird die Flüssigkeit eingegossen und durch Kühlwasser erstarrt. Endlich werden die Kerzen durch einen Hebel herausgedrückt, die geleerten Formen wieder gefüllt und der Docht durchschnitten.

Aus dem Giesssaal wandern die Kerzen in den Sägesaal, wo sie durch Kreissägen die richtige Länge erhalten und mit dem Stempel Spielhagen versehen werden.

Auf unserer Wanderung hatten wir auch Gelegenheit, die Neben­betriebe der Fabrik zu besichtigen z. B. die Böttcherei, die Tischlerei, wo die Versandtkisten hergestellt werden und endlich das Kesselhaus mit den 4 mächtigen Kesseln, welche 400 Pferdekräfte stark sind. Sie geben den für die Kochzwecke und die Destillation nötigen Dampf, sie setzen ferner die 2 Hauptdampfmaschinen und durch diese die ganze Transmissionsanlage und die Dynamomaschinen in Thätigkeit.

Die Spielhagensche Fabrik wurde im Jahre 1883 durch die jetzigen Inhaber begründet, sie beschäftigte im ersten Jahre 10 Arbeiter, während heute 250 dort ihr Brot verdienen. Es werden täglich 300 Ctr. schlesische Steinkohle verfeuert, welche etwa 125 000 t Wasser zur Verdampfung bringen. Es werden täglich 300 Ctr. Rohmaterial verarbeitet und daraus 150 Ctr. Haus- und 30 Ctr. Toilettenseife sowie 200 000 Kerzen fabriziert. Für die letzteren sind 50 Kilometer Docht erforderlich.

Zum Schluss sprach Herr Geheimrat Friedei den Herren Spielhagen sowie Herrn Dr. Sachsei den wärmsten Dank der Teilnehmer aus.

Im grossen Saale des Restaurant Wahlstatt fanden sich nach dem Besuche der Fabrik eine grosse Anzahl der Teilnehmer bei einem Glase Bier zusammen.