Heft 
(1898) 7
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16. (6. ordentl.) Versammlung des VII. Vereinsjahres.

dass Feuerwaffen um die Mitte dieses Jahrhunderts noch keineswegs allgemein hei den Heeren in Gebrauch waren, indem solche, bei ihrer Un­vollkommenheit, unter Umständen, z. B. bei Regenwetter, einer mit Pfeilen bewaffneten Truppe gegenüber noch einen harten Stand hatten, und dass die Bewaffnung mitSpiessen noch vielfach bei den Fusstruppen vorherrschte.

An der Spitze des Sanitätsdienstes bei den Uandskneohtsheeren stand ein Oberst-Feldarzt, der Doktor der Medizin und ein angesehener Arzt sein musste und der Vorgesetzter aller Feldscherer oder Wundärzte war, deren jeder einem von einem Ilauptmann befehligten Fähnlein zugeteilt war, von denen 1010, in der Stärke von durchschnittlich je 200 Mann, ein Regiment bildeten. Die Feldscherer, die mit Arzneien und Instru­menten ausgerüstet sein mussten, hatten zu ihrer Unterstützung je einen Knecht und behandelten die erkrankten oder verwundeten Landsknechte, die ihrerseits dafür die Feldscherer bezahlen mussten. Da es wirkliche Lazarette nicht gab, fiel die eigentliche Krankenpflege den beim Tross in grosser Menge befindlichen verheirateten und unverheirateten Weibern und deren Kindern zu, die ausserdem das Kochen und das Waschen zu besorgen, Holz zuholen, das Lager zu reinigen und bei Belagerungen Reisbündel zu flechten hatten. Ein bei der Artillerie oderArckelley, nebst vielen anderen Wagen, mitgeführterWagen mit den Sänften scheint für den Trans­port Verwundeter und Kranker bestimmt gewesen zu sein; ein Schwer­kranker wurde übrigens aus dem Lager nach dem nächsten Orte ge­bracht und dem dortigen Hospital übergeben.

Gegen das Ende des 10. Jahrhunderts waren von privater Seite bereits Feld-Apotheken und Feld-Instrumentarien konstruiert worden, z. B. von dem berühmten Chirurgen Fabricius Ilildanus und ähn­liche Kisten für den Gebrauch auf Schiffen von dem Engländer Woodall. Es waren dadurch bereits nachahmenswerte Muster gegeben, wenn auch deren allgemeine Einführung bei der Land- und Seemacht noch ziem­lich lange auf sich warten liess.

Der Kurfürst Georg Wilhelm, in dessen Regierungszeit der grösste Teil des auch die Mark Brandenburg in furchtbarster Weise verwüstenden 30jährigen Krieges fällt, machte die kleine Wehrmacht des Kurstaates zu einer dauernden Institution und teilte dieselbe in Regimenter, denen, ausser den Compagnie-Feldscherern, je ein Regiments- Feldscherer zugeteilt war. Von denselben hatten erstere auch die Sol­daten, letztere die Offiziere zu rasieren. Georg Wilhelm hinterliess seinem grossen Sohne und Nachfolger 5 Regimenter Fussvolk und 3 Re­gimenter Reiterei, in der Stärke von zusammen 6100 Mann, nebst 41 Mann Artillerie und einer Compagnie Leibgarde*). Erst Friedrich Wilhelm,

*) Adolph Leopold Richter, Geschichte des Medizinalwesens der Königlich Preussischen Armeen bis zur Gegenwart. Erlangen 1860. S. 9 ff. Emil Knorr, Entwickelung und Gestaltung des Heeres-Sanitätswesens der europäischen Staaten. Hannover 1880. S. 64 ff.