Heft 
(1898) 7
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10. (6. ordentl.) Versammlung des VII. Vereinsjahres.

Die von den verschiedenen Herrschern, auch von dem Grossen Kurfürsten, sehr begünstigten und geförderten Bemühungen der Alchi­misten oder Chemiker, Gold zu machen, führten zwar nicht zu diesem Ziele, aber zu einigen wichtigen Entdeckungen. So erfand der 1679 von dem Grossen Kurfürsten alsgeheimer Kammerdiener in Dienst ge­nommene Joh an n Kunkel *) (der später unter dem Namen von Loewen- stjern geadelt wurde) das prachtvolle Rubinglas, das bekanntlich durch den Zusatz von Gold zu dem farblosen Glassatze gewonnen wird. Kunkel hatte auf der ihm zum Geschenk gemachten heutigen Pfauen­insel bei Potsdam damals Pfauen- oder Kaninchenwerder genannt eine Krystallhütte angelegt, in der namentlich ornamentale Gläser her­gestellt wurden. Früher schon war ihm die Wiederauftindung des bereits vor ihm entdeckten Phosphors gelungen, der erst in unserer Zeit seine gewaltige Bedeutung als Lichtspender erlangt hat. Wie sein Vor­gänger hatte er ihn, bei seinen Versuchen Gold zu machen, in einer goldgelben Flüssigkeit, die zu den Auswurfstoffen des menschlichen und tierischen Körpers gehört, gefunden.

Die im Jahre 1700 in Berlin durch den berühmten Leibniz er­folgte Gründung der Societät der Wissenschaften **), die seit 1744 Akademie der Wissenschaften genannt wurde, kam der Entwickelung der Medizin durch die von jener ausgehende Förderung der Naturwissen­schaften, namentlich der Physik und Chemie, wesentlich zu Gute. Weitere Schritte in dieser Richtung geschahen durch den König Friedrich Wilhelm I., dem besonders die Ausbildung von Militärärzten am Herzen lag. Er errichtete nämlich auf den Rat seines Leib- und General- Chirurgus Dr. Holtzendorff zunächst 1713 eine Anatomie, das sogen. Theatrum anatomicum, welches in dem nordwestlichen Eckpavillon des Königl. Marstallgebäudes in der Dorotheenstrasse seinen Sitz hatte und länger als ein Jahrhundert daselbst verblieb. Mit der Begründung des Collegium medico-chirurgicum und eines botanischen Gartens im Jahre 1724 traten zu den anatomischen Übungen und Vorträgen noch andere in der Medizin, Chirurgie, Botanik und Chemie, dazu bestimmt, Medico-Chirurgen, also vollständige Ärzte für das platte Land und das Heer, auszubildeu. Der klinische Unterricht aber wurde von 1727 an in der aus Anlass der Pestepidemie von 170910 alsPesthaus er­bauten, als solches aber nicht benutzten, vielmehr in den folgenden Jahren als Armen- und Arbeitshaus und als Garnisonlazareth dienenden Charite erteilt. Diesen Namen hatte der König Friedrich I. selbst gewählt, um die Anstalt als ein Werk der christlichen Liebe und Barm-

*) Hof mann a. a. 0. S. 30 fi.

**) E. Gurlt, Die Kriegschirurgie der letzten 150 Jahre in Preussen. Rede u. s. w. Berlin 1875. 8. 4 ff. Pagel, Die Entwickelung der Medizin in Berlin von den äl- esten Zeiten bis auf die Gegenwart. Wiesbaden 1897. S. 17 ff.