Heft 
(1898) 7
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10. (6. ordentl.) Versammlung des VIT. Vereinsjahres.

Provinzen des Staates traf, erfolgte im Frühjahr 181.3 die glorreiche Erhebung des ganzen Volkes gegen die französische Zwingherrschaft. Zum ersten Male erschien jetzt, neben dem ganzen Volke in Waffen und neben den freiwilligen Spenden zur Ausrüstung und Bewaffnung seiner ins Feld rückenden Söhne, die Sorge für das Wohl und Wehe der Vaterlandsverteidiger und ihrer Angehörigen, nicht vereinzelt und durch die Not hervorgerufen, wie bei früheren Gelegenheiten, sondern in fest­gegliederten Formen und auf das Ganze gerichtet. Mit der in Preussen ihren Anfang nehmenden Volkserhebung und später auch in den übrigen deutschen Staaten bildeten sich Vereine, namentlich von Frauen und Jungfrauen, welche den für den Krieg sich rüstenden und in denselben ziehenden Streitern und später den Verwundeten und Kranken ihre un­ausgesetzte Fürsorge widmeten. Der erste Anstoss dazu ging von Berlin aus und die Seele des Ganzen war eine dem Throne zunächst stehende erlauchte Frau, die Schwägerin des Königs, Marianne Prinzessin Wil­helm von Preussen, die hier die Stelle der vor drei Jahren aus dem Ijeben geschiedenen unvergesslichen Landesmutter einnahm. Drei Wochen nach dem Aufruf der Freiwilligen durch den König (3. Februar), nach Errichtung der Landwehr und des Landsturmes, hatte die Prinzessin, zusammen mit 8 anderen Prinzessinnen, am 23. März 1813 an die Frauen und Jungfrauen des Staates einen Aufruf erlassen*), in welchem sie, behufs Erfüllung jener Zwecke, zur Bildung einesFrauenVereins zum Wohle des Vaterlandes, der später auch derErste oder Grosse Frauen­verein genannt wurde, auff'orderte. Die danach zahlreich in allen Pro­vinzen Preussens, allmählich auch im übrigen Deutschland, gebildeten Vereine hatten, je nach der Nähe des Kriegsschauplatzes, teils unmittel­bar und selbstthätig ihr Unterstützungswerk auszuüben, teils mussten sie sich auf Sendungen nach jenem beschränken.

Als im März 1813 die Preussische Armee mit 8ÜU00 Mann ins Feld rückte, waren ihre 6 fliegenden und 3 Haupt-Feldlazarette aller­dings im stände, etwa 64UÜ Kranke und Verwundete anfzunehmen und zu verpflegen, allein für den voraussichtlich viel grösseren Bedarf mussten noch sogenannteProvinzial-Lazarette, entsprechend unseren heutigen Reserve-Lazaretten, errichtet werden. Dieselben, deren Zahl im März 1814 bereits auf 124 gestiegen war, standen unter der Leitung von nicht-ak­tiven Militär- und Civilärzten, darunter einer Anzahl von Universitäts- Professoren und Medizinalbeamten**). Es konnte bei ihnen aber auch auf die thätige Mitwirkung der erwähnten, überall gebildeten sogenannten Wohlthätigkeits - Vereine, und zwar sowohl der weiblichen als der männlichen Mitglieder derselben, von denen die ersteren die Pflege, die letzteren die Verwaltung übernahmen, gerechnet werden. Nach dem

*) Ebenda S. 219. **) Ebenda 8. 360