486
18. (8. ordentl.) Versammlung des VII. Vereinsjahres.
Wenngleich alle Provinzen des Staates sich an dem Liebeswerk in regster Weise beteiligten, so kommt doch der uns hier am meisten interessierenden damaligen Provinz Kurmark und namentlich der Stadt Berlin ein Ilauptanteil zu. Die freiwilligen Leistungen daselbst beliefen sich auf 2 925 309 Thaler, darunter die für Kranke, Verwundete u. s. w. auf 881 037 Thaler. In der Kurmark bestanden 30 Frauen-, Jungfrauen- und gemischte Männer- und Frauen- sowie 6 Männer-Vereine, die zusammen 343 110 Thaler aufgebracht hatten. Die Berliner Lazarette waren grösstenteils in Kasernen eingerichtet und in jeder derselben wirkte je einer der Vereine; auch bestanden einige Privat-Lazarette.
Nach der Schlacht bei Gross-Beeren (23. August) hatte sich die erste llilfe und Pflege bei den Verwundeten durch die Berliner bekanntlich bis auf das Schlachtfeld selbst erstreckt. Welche bedeutende Anforderungen übrigens die Pflege der Kranken und Verwundeten in Berlin machte, beweist der Umstand, (lass allein im Oktober 1813 daselbst in den Haupt-, Reserve-, Feld- und den Provinzial-Lazaretten mit Einschluss der Kranken der russischen und französichen Armee, sich deren 24 274 befanden. Indessen auch auf die damals nur 155 000 betragende Civil- Einwohnerschaft von Berlin blieb die grosse Zahl der im Frühjahr 1813 durch die aus Üussland Zurückgekehrten und die im Herbst und Winter 1813/14 nach der Schlacht bei Leipzig eingeschleppten Typhusfälle nicht ohne Einfluss, denn von den 1813 im ganzen 7012 Gestorbenen von der Civil-Bevölkerung (1605 mehr als Geborene) waren 1184 dem Typhus erlegen*), darunter der Kliniker Reil und der Philosoph Fichte.
Ähnlich wie in der Kurmark und in Berlin sah es 1813 in allen Provinzen des Staates aus, in denen Schlachten geliefert worden waren, ebenso in dem benachbarten Sachsen und Thüringen, die beide besonders vor und nach der riesigen Schlacht bei Leipzig sehr grosse Opfer jeder Art zu bringen hatten. — Vom Jahre 1814 an, nachdem der Feind den deutschen Boden, mit Ausnahme der noch von ihm besetzten Festungen, geräumt hatte, fand auch in den Rheinlanden, die damals als General- Gouvernement des Mittel- und Nieder-Rlieins und von Berg bezeichnet wurden, dieselbe Bewegung auf dem Gebiete der freiwilligen Liebes- thätigkeit, wie in Alt-Preussen statt. Überall bildeten sich Vereine, welche nach denselben Grundsätzen wie dort geleitet wurden. Als nun 1815 der Krieg von neuem ausbrach, waren nach den Schlachten vom 16.—18. Juni jene Landesteile, als räumlich denselben am nächsten gelegen, nebst Belgien und Holland, an der freiwilligen Krankenpflege in aufopfernder Weise vorzugsweise beteiligt, während von den alten Provinzen Abgeordnete, Geld und Naturalien nach den dortigen Lazaretten gesandt wurden.
*) E. Gurlt, Zur Geschichte u. s. w. S. 339.