Heft 
(1898) 7
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17. (11. ausserordentl.) Versammlung des VII. Vereinsjahres.

und links schweift der Blick über die geraden, zum Hauptgeschoss führenden Treppenläufe weiter aufwärts bis zu den Decken der Haupt­treppenhäuser, deren Mittellauf sich in der Richtung der unteren Treppen fortsetzt. Aufwärts schauend in der hohen, durch ein reich geschmücktes Oberlicht erleuchteten Halle, erkennt der Sachverständige die Schwierig­keit, die in der Bewältigung der bedeutenden Höhe dieses verhältnis­mässig schmalen Raumes lag.

In der Ausstattung der Treppenhalle als dem Vorraume, in dem der Eintretende sich noch nicht durch die Vorgänge oder Geschäfte im Hause in Anspruch genommen sieht, ist die Symbolik in besonders aus­giebigem Masse herangezogen worden. Den Hauptschmuck des Raumes bilden vier überlebensgrosse allegorische, durch Kupferuiederschlag her­gestellte Figuren, die vier wichtigsten Eigenschaften vorstellend, welche ein Volksvertreter in sich vereinigen soll: die Vaterlandsliebe, die Ge­rechtigkeit, die Weisheit und die Beredtsamkeit. Modellirt sind diese Figuren vom Bildhauer Stark. An den Voutenzwickeln unterhalb des Laufganges sind die Wappen der preussischen Regierungshauptstädte an­gebracht, denen sich in den vier Ecken des Raumes Adlergruppen mit der Königskrone anschliessen. In den Brüstungsfüllungen unterhalb der Wandelhallenfenster befinden sich Reliefs humorvoll sinnbildlichen Inhalts, die Westphal in Stuck modellirt hat: das Buch der Weisheit, von Eulen vorgetragen, der seine Jungen im Nest verteidigende Adler als Sinnbild der ihre Vorlage durchfechtenden Regierung, die Mauerkrone mit Lilien als Symbol der Bürgertugenden, die Glocke mit Kampfhähnen als Bild der widerstreitenden Parteien im Banne der Präsidentenglocke u. s. w. Auch die in der Mitte der Eintrittsseite angebrachte Ehr, die mit ihrer Umrahmung zu einem Schmuckstück der Halle gestaltet ist, weist sinn­bildlichen Zierrat auf; die von ihr angegebenen Zeiten, der Morgen, der Tag, der Abend und die Nacht, sind durch die entsprechenden Flügel­tiere, den Hahn, den Adler, die Fledermaus und die Eule, verkörpert.

Auf den Friesen oberhalb der drei Eingangsthüren treten uns drei im Vollrelief gehaltene Männerköpfe aus dem Ornament entgegen; es sind die Bildnisse des Erbauers des Hauses und seiner beiden Haupt­mitarbeiter. Steigen wir nun eine der Haupttreppen hinan und durch­schreiten nach der Tiefe des Hauses ein Stück des aljj kräftige tonnen­überwölbte toskanische Halle ausgebildeten vorderen Flurganges vom Hauptgeschoss, so gelangen wir, wieder umbiegend, in die dem Sitzungs­saals vorgelegte grosse Wandelhalle. Im Gegensatz zu den weiss ge­haltenen Vorräumen umfängt uns hier eine farbenwarme behagliche Stimmung. Ein weicher, purpurner Smyrnateppich bedeckt den Fuss- boden. Darüber, auf einem Sockel von grauem Saalburger und schwarzem belgischen Marmor erheben sich Wandpfeiler und Säulen aus gelblichem Stuckmarmor, die das weitgespannte kassettierte Tonnengewölbe tragen,