Heft 
(1905) 14
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20. (8. ordentliche) Versammlung des XIII. Vereins]'ahres.

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Unser Mitglied Herr Dr. Friedrich Netto wird jetzt das nach folgende von ihm verfaßte Gedicht vortragen:

Altmeisters Heimgang.

Ein Februartag wars und Sonnenschein,

Da senkten sie Menzeln ins Grab hinein.

Mit goldenem Glanze der Himmel strahlt Auf alles, was er so oft gemalt:

Das Schloß, den Dom undUnter den Linden,

Wo sich die Massen zusammenfinden.

Nicht nur die Kunst ja trauert heute,

Nein, es kommen auch kleine Leute,

Der Mann aus der Werkstatt und vom Bau,

Sie kannten Menzeln alle genau.

Er war ihnen was; sie wollens beweisen,

Grad wie das offizielle Preußen.

Und nun kommts daher im Federhut,

Mit Schläger und Schärpe, jung Künstlerblut.

Es ragt die Standarte stolz empor,

Umwallt vom schwarzen Trauerflor.

Dann auf dem Leichenwagen der Sarg,

Der, was sterblich war an Menzel, barg.

Königsdiener die Rosse führen,

Die preußische Adlerschabraken zieren.

Und hinter dem Sarge im vollen Ornat Von der Akademie der Senat,

Minister, Generäle und Bürgermeister Und Professoren, Erlauchte Geister.

Dann Wagen voll Lorbeer, ein grüner Hain,

Von Kränzen mit Schleifen, groß und klein.

Zuletzt ein Wald von Fahnen weht:

Vorüber der Universität /

Die Chargierten in Vollwichs im prunkenden Zuge! '

Ab rollt das Bild sich, wie im Fluge.

*

Und drüben vor seinem Schlosse steht Des Deutschen Kaisers Majestät.

Der schaut dem greisen Meister nach,

Des scharfes Auge im Tode brach.

Es ruht die fleißige Künstlerhand,

Aus der eine Welt von Schönheit erstand.

Menzel hat uns so Vieles verklärt!

Nun ward er vom Kaiser fürstlich geehrt.

Die stolzen Garden hielten Wacht,

Als ihn umrauscht des Todes Nacht.