Heft 
(1905) 14
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20. (8. ordentliche) Versammlung des XIII. Vereinsjahres.

und bei Gelegenheit alles Sichtbaren, was in ihrem großen Magazin unentgeltlich zu finden ist, recht hören, recht sehen, aufmerksam be­obachten, vergleichen, unterscheiden dann rück- und vorwärtsschließen lehrten bis endlich der große Gedanke sich gleichsam aufdringe: Gott ist der Ewige, Mächtige, Weise, alles Leben ist von ihm, und Leben ist die größte Wohltat. Er liebt also seine Geschöpfe; Laßt uns also Gott lieben, der uns zuerst geliebt hat.

So hat Eberhard von Rochow bis zu seinem Tode länger als ein Menschenalter hindurch still und geräuschlos und doch bahnbrechend, ebenso kühn und energisch die notwendigsten Reformen betreibend wie klug sich auf das zunächst Ereichbare beschränkend, Großes gewirkt und ge­schaffen. Als 1787 der Minister von Zedlitz aus dem.Ministerium ge­schieden war und die traurige Reaktionsperiode Wöllmers folgte, da waren Rochows Schulen so fest gegründet, daß sie weiterer Protektion nicht bedurften. Aber untätig konnte.er nicht leben, und so suchte er durch die neu gestiftete ökonomische Gesellschaft in Potsdam auf dem Gebiete der Nationalökonomie Aufklärung unter den Laiulleuten zu ver­breiten. Und als dann mit dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms III. und Wöllmers Sturz ein neuer Geist milder Freiheit zu wehen schien, da jubelte der Greis, ob er auch körperlich durch Krankheit und nament­lich durch Ertaubung geschwächt war, wieder auf und trat mit Nachdruck, um dem konfessionellen Hader zu begegnen für die Begründung von Simultanschulen ein. Aber sein Lebep neigte sich mehr und mehr dem Ende zu. Da beglückte den edlen neidlosen Mann der Gedanke, daß das große Werk der Reformation der Schule, zu dem er sein bescheidenes Scherflein beigetragen, durch viele würdige Männer fortgesetzt werde.

Als Rochow seine erste pädagogische Schrift dem Minister von Zedlitz eingesandt hatte, schrieb ihm dieser die bekannten Worte:

Daß ein Domherr für Bauernkinder Lehrbücher schreibt, ist selbst in unserm aufgeklärten Jahrhundert eine Seltenheit, die dadurch noch einen höheren Wert erhält, daß Kühnheit und guter Erfolg bei diesem Unternehmen gleich groß sind. Heil, Lob und Ehre also dem vortreff­lichen Manne den nur die Rücksicht auf die Allgemeinheit des Nutzens, welcher gestiftet werden kann, zu solchen Unternehmungen antreiben konnte. Diese Worte enthalten die beste Würdigung der Lebensarbeit Rochows überhaupt.

Das neunzehnte Jahrhundert hat die Aufklärer vielfach geschmäht und verkleinert, und gewiß ist richtig, daß ihr Bildungsideal, die nüchterne Verstandesbildung, zu einseitig ist. Und doch haben sie in ihrer Zeit Großes gewirkt und sind die eigentlichen Befreier des Volkes aus dem Joche der Dummheit und des Aberglaubens geworden.Von ihnen aus drang unter dem Schirm des größten Königs von Preußen, wie der Literaturhistoriker Hettner treffend gesagt hat,der Geist heller

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