Heft 
(1905) 14
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Der Birnbaum in der Volkskunde.

Grünen, blühen und Früchte tragen soll auch jener verdorrte Birn­baum, an den der im Kyffhäuser weilende Kaiser Friedrich (II.) Barba­rossa seinen Schild auf hängen wird, wenn er sich erheben daxf, um die Feinde des Reichs zu zerschmettern. (Waegner, 8G.)

Der Chronist Johann von Winterthur berichtete 1348 von der nun schon auf Kaiser Friedrich (II.) bezogenen Prophezeiung und sagt: es werde mit Bestimmtheit versichert, Kaiser Friedrich werde mit einem großen Heere über das Meer ziehen und auf dem Ölberg oder [sonstwo] an einem dürren Baum sein Reich niederlegen. Dieser dürre Baum ist der Baum bei Hebron, den Seth als einen Zweig vom Lebensbaum aus dem Paradiese auf seines Vaters Adam Grab gepflanzt haben soll; C 011 - stantin ließ ihn umhauen, weil es ihn ärgerte, daß Heiden, Juden und Christen zu gemeinsamen Gottesdiensten sich dort versammelten; daß' noch ein Rest davon stehengeblieben, ist dem Abendlande durch Pilger­berichte vom 7. bis ins 15. Jahrhundert gemeldet worden. Eben als Friedrich Barbarossa seinen Kreuzzug angetreten, berichten die Ge­sandten aus Frankreich, die sich gerade in Koustantinopel befanden, daß nach uralter Sage in diesem Jahre die Herrschaft des Islams im Morgenlande vernichtet werden sollte; ein Drittel der Araber werde durchs Schwert umkommen, ein zweites Drittel die Taufe annehmen;

wenige Meter von der Stelle entfernt ist, auf der der alte Birnbaum gestanden batte. Der Besitzer dieses Platzes war nämlich zur Abgabe des gewünschten größeren Aus­schnittes aus seinem Felde nicht zu bewegen gewesen. Dieser junge Baum fiel aber einem sehr strengen Winter zum Opfer, und sein Nachfolger, für den mein Vater bald wieder Sorge trug, erlag auch nach kurzer Frist einer Beschädigung, die ihm entweder mutwilliger- oder boshafter Weise zugefügt worden war. Hierauf stand der Platz leer, bis endlich ein gut geeigneter, kräftiger Baum aufgefunden wurde, den (ungefähr im Jahre 1882 oder 1883) mein Vater an die Stelle dieser Vorgänger setzte. Da Ober- Stabsarzt Dr. W. in Wien lebte, konnte er nur auf kurzen Sommerbesuchen den Baum sehen, ihm aber nicht persönliche Fürsorge angedeihen lassen. Mein Vater pflegte nun den Baum bis in seine letzten Lebensjahre, bis ihn hohes Alter i. J. 1893 zwang, die, Sache aufzugeben. Dr. W. übertrug nun die Fürsorge für seinen Baum der Gesell­schaft für Salzburger Landeskunde. Als ich ein halbes Jahr nach meines Vaters Tode, im Sommer 1897, dem Baum einen Besuch abstattete, fand ich ihn in einem Felde von Nesseln und Unkräutern; die Weißdornhecke war in die Höhe geschossen und ihre Ranken umfingen die Baumkrone, die sich nur durch die dunkle Farbe ihres Laubes verriet. Ich kam bald wieder mit Säge und Schere; die Hecke erhielt ihre frühere Gestalt, der Baum einen neuen Pfahl, die vier Merksteine wurden zureclit- gesetzt und somit ein ganz guter Zustand geschaffen. Ein Bauernsohn aus dem be­nachbarten Dorfe Loig ist mir hierbei behilflich; seih Vater ist fest überzeugt,die Unterbergsmandeln wiederholt gesehen zu haben, und somit sind er und sein Sohn leicht zu gewinnen gewesen, mir zu helfen. Dr. W. hat zwar bei seinem i. J. 1898 er­folgten Tode den Baum der Stadtgemeinde übergeben; ich habe mir aber vom Herrn Bürgermeister ausgebeten, die Pflege des Baumes in meiner Hand behalten zu dürfen,

so lange ich dieses imstande bin. Salzburg, 10. Jänner 1900. Anna Zillner Klavier- lehrerin.