54
Der Birnbaum in der Volkskunde.
Eine mit blutroten Blattnerven. (Blutknödel.)') Die Scheinfrüchte dieser Abart (Holz- oder Knödelbirne) sind nur, wenn sie abgefallen und mürbe (der Volksmund sagt: mudig, mudike usw.) geworden sind, genießbar. Die Wenden unterscheiden verschiedene Formen: große, süße Feldbirnen, Drogac (der Drogatz); Frühbirnen, Ranawa; Backbirnen, Krusenka.“
Auf meine Bitte schrieb mir Herr Prof. Ascherson: Pirus communis und Pirus Achras sind nicht indentisch. — Die Hauptformen unseres wilden Birnbaums sind P. achras und P. piraster. — Der wilde Birnbaum stamme wohl kaum, wie man stellenweise annimmt, aus China. * 2 ) — Die Römer (denen wir unsere Bezeichnungen verdanken) erhielten die besseren Sorten gewiß aus Vorder-Asien. — Es gäbe, [wie ich schon vorhin sagte] keinen ursprünglich deutschen, wohl aber mehrere slavische Namen.
Dafür will ich weiterhin den um die Baumforschung der Mark so verdienten Botaniker, unser Ehrenmitglied Herrn Dr. Carl Bolle, anführen, vorerst aber meinen alten Landsmann Karl Gottfried Hagen 3 ) sprechen lassen: „Birnkernobst; Pyrus communis. (Pyrus sylvestris. Loes. Bor. n. 583 Guimpel. I. F. 75.) Holzbirne. Wilde Birne. Kruscliken. Poln. Graszka lesna. Gruszka zwyczayna dzika. Litauisch Krauszes.“
Olfenbar stammt das lit. Krauszes ebenso wie unser ostpreußisches Wort Kruschken vom poln. gruszka ab, wozu sich die wendischen Namen Kfuska 4 ) und (verdeutscht) Krutsche, sowie die schon erwähnten Kruscyna und Krusenka gesellen.
(W. v. Schulenburg 5 ) führt von wendischen Bezeichnungen an: Polowki Feldbirnen, bombale langstielige, bambule bummelnde, hopysawe Schwanzbirnen, jakobnice Jakobsbirnen, smolawki rauchige, syrawe graue, zelonki grüne.)
Doch kehren wir zu Hagen zurück. Er sagt: Der wilde Birnbaum wächst „auf offenen Feldern und in Wäldern. Er ist der Stammvater aller in unseren Gärten vorkommenden Birnsorten, deren man schon 1500 zählt. Er unterscheidet sich von diesen durch die fast herzförmigen, von beiden Seiten glatten, an den Zähnen des Randes fein behaarten Blätter (Sie sehen, geehrte Anwesende, der alte Geselle hat wirklich Haare auf den Zähnen) und die kleine, an sich fast ungenießbare Frucht, die herb und zusammenziehend ist. Diese [Früchte] sind zur Schweine-
) Von Pastor Handtmann in seinen Sagen angeführt.
2 ) Carl Hoffmann, Botanischer Bilder-Atlas. (1884). 22. Meyer’s Konvers • Lex. (1889).
5 ) Karl Gottfried Hagen, Preußens Pflanzen. (1818). I. 378.
0 Carl Bolle, Freiwillige Baum- und Strauchvegetation der Provinz Brandenburg 2. Aufl. (1887). 48.
5 ) W. v. Schul enburg, Wendisches Volkstum in Sage, Brauch und Sitte (1882)- 198. ■