Der Birnbaum in der Volkskunde.
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zurücklegen, denn „schon bei den Alten war die Birne eine hochgeachtete Frucht. Plinius zählt 35 Sorten auf, von denen viele den Namen ihrer Heimat führten, woraus erhellt, daß die Römer den größten Teil derselben aus Griechenland, Ägypten, Karthago, Syrien, Alexandria und Numantia erhalten hatten. Die Bergamotten kamen zuerst zu den Zeiten der Kreuzfahrer aus Persien nach Europa. [Herr Dr. Bolle nannte mir als Stammvater unserer hiesigen Bergamotten den in Unteritalien vorkommenden Pirus cuniefolia.] Seit Ende des 18. Jahrhunderts, als der Obstbau in mehreren Ländern Europas — in Deutschland besonders durch Christ’s, Sickler’s und Diel’s Bemühungen — einen neuen Aufschwung nahm, sind viele neue schöne Sorten aus Kernen gezogen worden.“ (M. K.-L.)
„Arzneilich wurden früher nur einige der besseren Birnsorten benutzt, wie namentlich die sog. Apothekerbirnen, — [so] bon Chrötien, pira crustumina der alten Römer — die mit Zucker eingemacht als pira muscatellina in Apotheken früher vorrätig gehalten wurden. [Der Name bon Chretien = guter Christ, auch Christbirn, entstand] angeblich aus dem lateinischen pira crustumina, von der sabinischen Stadt Crustu- mium, unter welchem Namen diese Birnen zur Zeit Karl VII. aus Italien nach Frankreich kamen.“ (Leunis.)
„Der Name Malvasier-Birne kommt [nach Aue] zweifellos von dem griechischen Weinort Napoli di Malvasia, an der Ostküste des Peleponnes gelegen. Die Birne mag wohl einen dem im Mittelalter hochgeschätzten Malvasier-Wein ähnlichen Geschmack haben und deshalb nach diesem benannt sein.“')
^Nach Herrn G.-R. Friedel’s Meinung besteht zwischen dem für Birne 1 "gültigen „Beer“ des märkischen Platt und den [nach Bolle, S. 51] 'durch die französischen Kolonisten zu uns gekommenen Beurre blanc und Beurre gris insofern ein inniger Zusammenhang, als die Märker f nun ganz bequem und allgemeiuverständlich von Beer Blanc und Beer Gris sprechen konnten?]
Das äus Birnen gewonnene Getränk poite ist (nach Michelet) in Frankreich — wenigstens nach dem 11. Jahrhundert — überall da anzutreffen, wo kein Wein gewonnen wird. Mit den Kolonisten kam poire in die Uckermark. Aber das Rezept mußte verloren gegangen sein: der Birnenwein schmeckte so wenig verlockend, daß man ihn gern den Dienstboten überließ. (Bolle.)
In Süddeutschland wird aus einigen Sorten von sog. „Mostbirnen“ ein vorzüglicher Wein gekeltert. Der „praktische Rathgeber im Obstund Gartenbau“ (1893, 473) empfiehlt solche Bäume als Straßenbäume, da ihre Früchte nicht gerade benascht werden, und sagt: „Schön in der
') Der praktische Rathgeber im Obst- und Gartenbau, 1889, 81.