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Der Birnbaum in der Volkskunde.
Apfels eine Birne erhielt, ist nirgends erklärt. Vielleicht liegt eine bloße Verwechslung vor. — Auch Goethe erwähnt in seiner „Italienischen Reise“ von Neapel her ein solches Vorkommnis.
Daß ein unschuldiger Birnbaum durch den bösen Blick sterben kann, erfahren wir aus Yorkshire. 1 )
Doch ich eile zum Schlüsse. Zunächst sei da noch an einige „vielsagende“ Bezeichnungen kultivierter Birnen erinnert. Da haben wir u. a. Damen- und Gevatterbirnen. (Pr. R. 1893, 29: Bei Tauf- und anderen Festen mögen viele Namen entstanden sein.) Nach anderer Richtung weisen solche Namen wie z. B. Grumbkower Birnen. Sodann gibt es Pastoren- und Priester-, Barons- und Hofratsbirnen, Ochsenherz, Kuhfuß, Katzen- und Löwenkopf, Rosenbirnen und Amoretten, Gute Luise, Trockner Martin und Glücksbirne.
Über die letztere schreibt der Pr. R. 1891, 95: es würde ein Glück bedeuten, wenn sie nicht gefunden wäre. Ihren Namen hat diese belgische Bergamotte Fortunee einem in Enghien lebenden Apotheker Fortune Deremme zu verdanken, der sie in der Umgebung des Orts in einer Hecke entdeckte. Die falsche Übersetzung des Vornamens Fortune (Fortunatus) rührt von Oberdieck her. Trotz ihrer jährlichen überreichen Fruchtbarkeit wäre die Glücksbirne nicht zu empfehlen.
Herr Curat Frank in Kaufbeuren meldet von einem Zankbirnbaum, einem Sau- und einem Speckbirnbaum. Auch kennt er einen Acker (bei Markt Oberdorf), der den Namen „Birnbaum“ trägt, sowie einen Weiler dort, der — infolge der Rodung von Holzbirnbäumen — „Birng’schwend“ genannt wird.
Den vorhin schon aus der Provinz Brandenburg angeführten Ortsnamen seien noch angereiht: die Kreisstadt Birnbaum in Posen und ein Dorf Birnbaum (Bezirk Radmannsdorf) in Krain (wo vor kurzem die Blatternkrankheit der am Karawankentunnel beschäftigten mazedonischen Arbeiter von sich reden machte).
Als Familiennamen kommt Birnbaum ebenfalls hier und da vor, so in Königsberg O./P. und in Berlin. Der Wohnuugsanzeiger für Berlin zeigte 1903: 62 Birnbäume (Birnbaum), denen sich eine große Anzahl Birn^ Birnbach, Birnbacher, Birnbräuer, Birner, Birnert, Biniholz, Birn-
') Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde; 1901, 304 1 II. F. Feilberg, Der böse Blick in nordischer Überlieferung. S. 324. „Ein ergötzliches Beispiel der Macht des bösen Auges aus der Heimat unserer alten Stammgenossen in Yorkshire muß mir erlaubt sein, mitzunelimen. Im 19. Jahrhundert wurde ein Yorkshire-Farmer als schuldig am Absterben eines Birnbaums angesehen. „Sieh mal, Herr,“ sagte der Erzähler, „sieh mal den Birnbaum dortl Vor wenigen Jahren war er ein grüner, fruchtbarer Baum. Es ist aber die Sitte des Besitzers, daß er jeden Morgen, sobald er seine Tür öffnet, den Baum dort ansieht, damit er keinen vorbeigehenden Fremden anblickt, und jetzt — sehen Sie! — der Baum ist gestorben.“