Heft 
(1905) 14
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Kleine Mitteilungen.

formiert. Damals erschien auf der Spree das erste preußische Kriegsfahrzeug, das RuderkanonenbootThorn, dessen Führung und Bewachung dem neuen Marinetruppenteil übertragen wurde. Das Detachement zählte einen Unter­offizier und zwei Mann und genügte nicht zur vollen Besetzung derThorn. Sobald das Fahrzeug im aktiven Dienst Verwendung fand, ergänzte sich die Besatzung aus Gardepionieren. DieThorn kreuzte zwischen Berlin und Potsdam und beteiligte sich an den Übungen des Gardekorps, dem das Marinedetachement ursprünglich zugeteilt war. Diese dreiköpfige Marinetruppc bestand in gleicher Stärke neun Jahre. Da schenkte der englische König Wilhelm IV. dem König Friedrich Wilhelm III. die nach dem Muster einer britischen Fregatte erbaute LustjachtRoyal Luise, die viele Jahre hindurch den Mitgliedern der königlichen Familie zu Fahrten auf den Ilavelsecn diente. 1832 wurde deshalb das Marinedetachement vervierfacht; es bestand aus zwei Unteroffizieren und zehn Matrosen. Diese zwölf Mann besetzten, dieRoyal Luise und dieThorn. Die vierziger Jahre brachten durchgreifende Änderungen. 1842 wurde aus denGarderaariners die Marinesektion gebildet, die nicht mehr dem Gardekorps unterstand, sondern mit dem in Stralsund errichteten Marinedepot, zu dem zwei neuerbaute Kanonenjollen gehörten, eine selbständige Formation bildete, die direkt der Militärverwaltung unter­stellt wurde. Das waren die Anfänge preußisch-deutscher Seemacht.

Unser Kaiser hat schon aus diesem Grunde mit vollem Recht ein Kriegs­schiff in Danzig durch den Oberbürgermeister von Berlin, unser Ehrenmitglied, Herrn KirschnerBerlin taufen lassen. Diese Schiffstaufe erregte in der 5. ordentlichen Generalsynode, Tagung vom 29. Oktober 1903, unnötigerweise hyperorthodoxe Gemüter. Nicht weniger als sechs Kreissynoden erhoben Einspruch gegen Anwendung des AusdruckesTaufe bei der Feier der Namengebung von Schiffen, Befestigungen usw. Landgerichtsrat Glasewald- Magdeburg erwies sich als ein feiner, überlegener Referent; er gab seinen Ausführungen eine reizvolle Mischung von Ernsthaftigkeit und Ironie. Unter den Zeugen für den Ausdrucktaufen nannte der Redner auch Schillers Glocke:Schließt die Reihn, daß wir die Glocke taufend weihn. Man könne lediglich sprachliche Bedenken dagegen geltend machen; sie sind nicht stichhaltig, da wir im Deutschen mit dem Ausdruck taufen nicht wie die englische Sprache dasChristliehmachen verbinden, sondern nur das Ein­tauchen ins Wasser. Den Standpunkt der Orthodoxie vertritt Synodale Böttcher-Kottbus; ihn bekämpfte mit frischen Worten Geheimer Kom­merzienrat Schlutow-Stettin: die Kirche sollte vielmehr den Wunsch haben, solche volkstümlichen Feiern religiös zu bereichern, statt sie durch Nörgeleien zu verflachen. Die Synode kann weder ein Ärgernis der Schiffs­taufen feststellen noch einen ausschließlich kirchlichen Gebrauch des Wortes taufen; sie geht daher über die sechs Synodalanträge zur Tagesordnung über.

Für die Redaktion: Dr. Eduard Zache, Cilstriner Platz 9. Die Einsender haben den sachlichen Inhalt ihrer Mitteilungen zu vertreten.

Druck von P. Stankiewicz' Buchdruckerei, Berlin, Bernburgerstrasse 14.