Heft 
(1905) 14
Seite
101
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Der Grabfund von Seddin als Schlüssel zum Verständnis der Sprache Europas. 101

Sprachgehör. Das letzte Untersuchungsobjekt, das ich in Berlin gefunden habe, ist I)r. Karl von den Steinen, (beim Amerikanistenkongreß), darum folge ich seinen Schriften mit besonderer Vorliebe. Einen Philologen mit so gutem Gehör habe ich noch nie gefunden, wohl aber wahre monstra vom Gegenteil. Musikalisches Gehör ist viel häufiger. Hervor­ragendes Musik- und Sprachgehör in einer Person vereinigt fand ich nur bei J. K. II. der Großherzoginwitwe von Mecklenburg-Strelitz geb. Prinzessin von Großbritannien und Irland. Meine Gehörprobe ist nur dann wirksam, wenn der Examinand nicht ahnt, daß er examiniert wird.

Spracherregend muß ferner für den Menschen die umgebende Natur gewesen sein, insofern sie in seinem Gehirne Ideophone erzeugte, soweit er sie sicli assoziierte.

Spracherregend war und ist jede gewollte Tätigkeit, sofern sie nicht absolut geräuschlos ist. Von den ältesten Taten des Menschen in Europa sind uns nur bearbeitete Steine erhalten. Ich habe au ihnen mit mir zuerst im Sommer 1878 zu experimentieren begonnen und damit den ersten Grund zu späterer Erkenntnis gelegt. Zu diesen gesellten sich Feuerexperimente, die durch viele J all re fortgesetzt sind.

Die Anfänge der Methodik.

Da alle Ideophone nach seiten der Gehirntätigkeit betrachtet als Funktionen unseres Denkapparates erscheinen, so müssen sie ihrem Wesen nach logisch sein. Nenne ich diese Funktiondas Sprachen (to Koyuv) im Gegensatz zumSprechen (Kiystv) so erhellt, daß ein Sprachgesetz nur in der Logik bestehen kann und, daß alle wirkliche Erkenntnis anerkannten logischen Sätzen folgen muß.

Da ist für unsere Arbeit der Satz:sind zwei Größen einer dritten gleich, so müssen sie auch untereinander gleich sein der erste Funda­mentalsatz, denn der Schluß ist ebenso verbindlich wenn ich für gleich: ähnlich, verwandt, homogen setze.

Ich gebe hier ein kleines Erfahrungsbeispiel aus der Klasse der Schlagworte.

Spalte ich von einem großen Feuerstein eine flach vorstehende Knolle ab, so vernimmt meine Gehörsperceptive den Laut Rad oder Rak, meine Augenperceptive und die meiner fühlenden Finger liefern dem Gehirn die Wahrnehmung einer scharfen runden Feuersteinscheibe, so assoziiert sich in meinem Gehirn mit dem Laute der beschriebene Gegenstand.

Finde ich nun in überlieferten Sprachen die gleichen Sinnlantver- bindungen mit ursprünglich gleicher Bedeutung, so schließe ich aus der Sprache, daß diese von einem gleichen Gehirn bei gleicher Tätigkeit ge­bildet sind der Spaten liefert den Beweis, denn zur Schlüssigkeit