102 Der Grabfund von Seddin als Schlüssel zum Verständnis der Sprache Europas.
gebrauche ich den Fund, wie er tausend und aber tausendfach gesammelt ist.
Auf diese Weise kommt man zu völlig sicheren Schlüssen, die hier ein fast allgemeines Menschheitsgut, dort aber ein beschränkteres Gut geben, das nur einer Völkergruppe eigen war oder ist. Eine Vergleichung von Sprachen mit Sprachen ist so wenig Wissenschaft wie eine Vergleichung von Steinbeilen mit Steinbeilen: es fehlt das tertium comparationis: Sinn, Laut und Sache ermöglichen allein eine wirkliche adperceptive Vergleichung.
Bei dieser Tätigkeit, die jede Phantasie ausschließt, ist eine umfassende Kenntnis des überlieferten Wortschatzes ebenso nötig wie die der überlieferten Realformen — und vor allen Dingen eine strenge Schulung in historischer und diplomatischer Schlußfolgerung.
Die Beschränkung in dieser Wissenschaft ergibt sich zunächst aus der eingeengten Fragestellung: es ist zunächst zu erweisen, was mußte gewesen sein.
Ich mache hier halt und gehe zunächst über zur Logotomie des Wortes Seddin.
Seddin.
A. Logotomie von S£d.
S als ein Feuer-ideoplion.
Unsere Frage heißt nicht, welche Möglichkeiten brachten den Ur- europäer in den Besitz des Feuers, sondern welche Lebensnotwendigkeit?
Hier muß ich ein bisheriges Endresultat meiner Paläoetlmologie voraufschicken.
Daß es vor der oder den Eiszeiten Menschen in Europa gab, steht durch Funde fest und mit diesen Funden auch, daß sie Sprache besaßen. Ob wir von ihnen abstammen und ob sie Feuer besessen haben, steht nicht fest und zum mindesten: ich weiß es nicht. Eine Unmöglichkeit liegt nicht vor.
Daß wir von dem Feuer besitzenden Menschen, den Wilser liomo primigenius nennt, abstammen, glaube ich nicht, denn seine Sprache muß eine andere gewesen sein, wie Baudouin de Courtenay aus seinen Sprechwerkzeugen gefolgert hat. Er ist eine ausgestorbene Menschengattung, die nur in der Sage fortlebt. Fast alle unsere älteren Sagen aber führen auf Wirklichkeiten aus den Intraglacialperioden zurück und erscheinen ohne Kenntnis der Höhlenforschung als unverständlich.
Die Grundlagen aller europäischen Ethik und Gesittung liegen in den Zwischeneiszeiten, mit diesen auch die charakteristischen Eigentümlichkeiten unserer Sprache. Darum bin ich gewohnt von der europäischen