Heft 
(1905) 14
Seite
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104 Der Grabfand von Seddin als Schlüssel zum Verständnis der Sprache Europas.

Dies ist keine Fantasie, sondern Lebensnotwendigkeit. Aus dieser folgt zunächst die lebensnotwendige Bekanntschaft mit dem Feuer.

Sie wissen, daß sich ein Haufen frisch gemähtes Gras in einiger Zeit derartig erhitzt, daß man die Hand nicht hineinhalten kann. Das Gras wird schwarz verkohlt. Völlig trocken geworden ist angekohltes Heu einer der leichtest entzündbaren Körper.

Hier ist einer der Anlänge.

Haben Sie nun einen Haufen der mit Fäcalien durchsetzt ist, jedoch nicht platt gewälzt wie die Dunghaufen von Tierlagern, sondern locker für den Zutritt der Luft, so kommt zunächst das Stadium der Erhitzung, und schließlich das der Verbrennung. Je nach der Zusammensetzung, je nachdem der Dung wie der Landwirt sagtkalt (Rindvieh) oder heiß ist (Schwein, Pferd, Mensch) kommt die Selbstentzündung früher oder später.

Unsere Sprache hat dafür genau Ausdruck: Der Haufenglummt erst, dann glimmt er, dannglüst er. Die beiden ersten Worte heißen in unserer Sprachmanierer geht wie Heim, der dritteer geht wie Licht. Das ist geradeso wie eines uns'erer Worte für BernsteinGläs d. h. gehe wie Erz oder äs. Ich füge das Beispiel hinzu, um an Ols- hausens vorzüglichen Untersuchungen zu zeigen wie Sachenforschung und Sprachforschung zusammen ein geschlossenes Resultat geben aber von diesem Ljnuß ich für diesmal abstehen.

Also zurück zu unsern übelriechenden Sprachlehrern! Liegt ein Dunghaufen an einem Abhang mit Schnee bedeckt und von einer Seite dem Winde exponiert, so haben wir eine Situation wie sie an den Abri = Wohnungen und ähnlichen Plätzen im Laufe von Jahrhunderten oder Jahrtausenden jedenfalls öfter vorkam, als ich sie im Laufe von etlichen Jahrzehnten beobachtete.

Zu luwärts ist der Schnee ganz oder bis auf ein Minimum abgeweht, zu leewärts schlägt bisweilen eine helle leuchtende Flammenzunge ' empor. Diese Flamme ist das was der Däne richtig L -f- ysLicht nennt. Unser WortLicht heißtLeichenbrand das ist viel jünger.

Hier haben Sie in abgekürzter Form die Beschreibung des Sach- bestandes.

Sobald die Erhitzung zu einem Temperaturgrade gediehen ist, daß die Flüßigkeit im Haufen verbunden mit Regen, Hagel oder Schnee nicht langsam verdampft, sondern verkocht, wird der glüsende Haufen ge-S-prächig. Er beginnt zuerst ganz leise Zischlaute auszustoßen, die sich zu einem intensiven S in iterativer Form steigern. Um die schwä­cheren Laute zu vernehmen, muß man ein gut geschultes, ein geübtes Ohr haben und seinen Kopf nahe an dieseProfessoren der Sprach­wissenschaft heran bringen, j Auch ein sehr leiser Laut kann intensiv sein. Ein Hörexperiment wäprend des Stadiums einer heilenden Mittel-