Heft 
(1905) 14
Seite
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120 Der Grabfund von Seddin als Schlüssel zum Verständnis der Sprache Europas.

DieAuf-russen wären also nicht Nehenrussen, sondernHerren der Russen. Schade, daß das in der Tat nicht wahr ist!

Kehren wir zu dem vermutlich skythischen Volk der Prussi oder Prnzzi zurück und fragen, ob der offizielle Titel Ihres allergnädigsten HerrnBorussiae rex als eine Latinisierung auzusehen ist, wie die ich sage schon hier falsche Schreibweise andeutet. Wo lag der Zwang aus Prussia Borussia zu machen, als ob die Lautverbindung Pr nicht so bequem für den alten Latin wie für den heutigen Italiener ge­legen hätte. Nirgends ist ein Zwang, eine Nötigung erweisbar und damit zerfällt die Sache in lauter Unsinn.

Der Königstitel kann nur nach einem anderen Worte, aus dem durch nachlässige Sprechmanier Prenßen geworden ist, gewählt sein und man hat dies alte Wort in begreiflichem Irrtum für lateinisch ge­halten. Vielleicht lebt es in irgend einem Dialekt noch in erkenn­barer Form.

Das Wort hätte ich wohl schon lange gekannt, aber das Recht der An­wendung hatte ich nicht, dazu mußte erst eine Entdeckung kommen.

Diese hat wiederum Friedei und der Verein Brandenburgia gemachtihnen trägt die Monarchie die Schuld des Dankes.

Die Logotomie des Wortes ergibt zunächst ein Elementarwort Bor, das aus den Synthesen von B und dem Ruktuslaut Or besteht.

Das Wort, der älteren Baukunst angehörig, hat sich bis in das XVI. und XVII. Jahrhundert erhalten und da die Bedeutung von Giebel angenommen. In Zusammensetzungen wie die Enbore oder Empore und inempor existiert es noch heute. Sein Sinn ist klar: in die Höhe, etwas hohes, das mit menschlichem Bauwerk zusammenhängt. Ent­halten ist es in Borg und Burg. Logotomische Vergleichung erweist nun aufs deutlichste, daß Bor das Stadium einer menschlichen Wohnung in der Höhe bezeichnet, ehe der Kulturfortschritt den festen Abschluß erfand, welcher durch den Verschlußlaut charakterisiert (cf. Dor und Dör zu Dorf und Dor ch oder Dord und Dort in Dordrecht und Dortmund).

Das ist alles ganz klar und kommt bei der Erklärung von Bran­denburg zu weiterer Ausführung. Die Frage war nur die: reichte die menschliche Besiedelung überhaupt soweit zurück, daß man an eine Siedlungsgewohnheit denken kann, welche im Europäischen das Wort Bor als logische Notwendigkeit verlangt.

Das Entscheidende waren Friedeis und der Brandenburgiapalaio- lithische Funde auf den Rüdersdorfer Kalkbergen die gelehrten Herren Staatsignoranten, die über den verdienstvollen Mann vor meinen Ohren am meisten gespottet haben, kommen jetzt mit ihren Eolithen hinterdrein.

Eine Parallelentdeckung von ähnlichem Wert hat der berühmte Maler Eugen Bracht im Lande Stargard gemacht. Es sind Höhlen-