Heft 
(1905) 14
Seite
124
Einzelbild herunterladen

124 Der Grabfund von Seddin als Schlüssel zum Verständnis der Sprache Europas.

Da Sie min die Erfahrung haben, daß es unangenehm ist, sich auf die Zunge zu beißen, so stemmen Sie dieselbe fest gegen das obere Zahn­fleisch, den Vordergaumen gerade wie das Kind wenn es N sagt. Der Laut, der Ihnen dann bei der Ausatmung entfährt, ist der Schall- wirkung nach wieder ganz dasselbe T D oder Th oder D -f- h und T -f- h, wie wir es bei dem Anfangs-d bemerkt haben, aber der Sinn ist der entgegengesetzte. Die Perceptiven der Augen und der Finger übermitteln dem Gehirn etwas, das getan ist, das zum Teil oder ganz fertig ist kurz die idea perfecti. Aus dem ac ist ein act, dem Tac ein Tact, dem fac ein Fact, aus dem ap ein apt geworden. Ja, das einfache T ohne Vokal als Ideophon ist noch heute ein lebendes Wort unserer Sprache geblieben. Zuerst fiel es mir 1869 in Eisenach auf, aber ich habe es 1876, 1878/79 und 1883 auch in Kopenhagen gehört ebenso in allen Teilen Deutschlands, die ich kenne. In dem absonderlichen Französisch das man an der oberen Mosel spricht, habe ich es ebenfalls vernommen. Vorwiegend gehört es der Sprache der Frauen, besonders älterer Frauen an.

Je nachdem sie sich über den Verlust eines Knopfes, Bandes, Hundes, Sohnes oder Tochter erregen, stoßen sie eine Reihe von T T T hervor, die sich zuletzt in ein schmatzendes d z verlieren kann die Gemüsefrauen aus Eisenach und Umgegend iibertreflen die sonst so zungenfeitigen Berlinerinnen. Der Sinn ist unweigerlich derselbe: zu Ende, zu Ende, zu Ende und tot, tot, tot.

Ich bitte nun freundlichst der Versuchung zu widerstehen dies als T perfecti bezeichnen zu wollen, sondern es vorläufig nur als An- speichelungslant im Gedächtnis zu registrieren.

Wir haben hier dasselbe t wie in ant = Mann, zu Ende = tot und auch = Geist oder Seele (Antwari) oder in L -f- an -f- d = Lieb -{- Mann -f zu Ende = Gebiet einer Sippschaft, denn nur die Gesippten sind lieb. Somit wäre die Sache scheinbar zu Ende: Wir hättenhoch und Rand. Ja das wäre gut, aber die Frage geht weiter: wie ist denn Ran zu erklären, wenn B und D feststehen?

Von dem Worte Ran, das uns als Name einer Göttin des Meeres, als Name der Bewohner von Rügen und als Räuber, aus dem Alt­nordischen und dem Deutschen bekannt ist, wissen wir bis jetzt also nur, daß das Schlußideophon eine Negation enthält.

Was ist nun der Begriff Ra, welcher negiert wird.

Anlautendes R wird entweder durch eine hörbare äußere Reibung oder durch Ruktus erzeugt.

Ursachen der äußeren Reibung sind als für uns nachweisbar nur solche, die an Stein oder Knochen geschahen.

Nehmen Sie einen starken Behaustein mit rundem Ende und einen Feuerstein mit knolligem Ansatz und führen jetzt in stumpfem Winkel zur Längsachse des festgestellten Steines einen starken Schlag, so platzt