Heft 
(1905) 14
Seite
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134 Der Grabfund von Seddin als Schlüssel zum Verständnis der Sprache Europas.

ähnlich für den unentwickelten Intellekt aber gleich ist: Folglich ist Or die Bezeichnung des Or-tes, mit dein Hauch verbunden ist Or ein W -j- or-t.

Die Höhlen aber sind fast immer nur in Felsen, in B-f-er-g-en vorhanden, darum wird auch der Berg im Griechischen zu Or-os nur wo es so unwirtlich und kalt ist, daß man da kein Or machen kann, der ist N = nicht -f ord. Der Nahrungssinnlaut M -}- ord ergibt das ge­tötete Wild.

Verfolgen wir nun das Gegen wort ör, so haben wir das Gegenteil von der bewohnbaren trocknen Felshöhle, also etwas feuchtes, schmutziges, wässeriges, blutiges z. B. gr. ichör, wir haben weichen Stein oder weiche Erde in lat. aurum (Gold) und indem ligurischen oder keltischen das französische ör. Das ist keine Kückbildungaus dem lateinischen, sondern ein echtes altes Elementarwort das im Volke überlebte. Nach Kollmann müßte man das eine Persistenz nennen. Da nun bei echten Ruktuslauten r und 1 gleichwertig sind und einen Zufall (d. h. für uns nicht nachweisbare Kausalitäten) entscheidet, so erkennen wir hier den Grund unserer Ortsnamenendigungeu auf äl und öl, die immer Sumpf und Wasser bedeuten (Förstemann). Wer dies Tema zu seiner Be­lehrung weiter verfolgen will, sehe sich vor, daß er den greifbaren Boden nicht verliert und nicht von den Produkten der unkontrollierbaren Sprechmanier, die auch bei dem letzten Schauspieler nicht konstant ist, ins Reich der Phantasie entführt wird. Ohne die Realien der Altertums­kunde ist heutzutage Sprachwissenschaft unmöglich. Eine genügende Kenntnis von europäischen Sach- und Spracli-f-j or-j-men führt in schier endlose Perspektiven: Association reicht sich an Association bis die

Adperception auf feste N + or-fmen kommt.

Und das alles ist das Produkt des Sinnlautbildners Ruktus?

Ja, meine verehrten Damen der Brandenburgs, der allerschwächste und geringfügige Ruktuslaut hat es noch viel weiter gebracht zum höchsten Begriff menschlicher Adperceptive, in dem selbstGott ent­halten ist.

Ihre Liebe hängt an ihrem Kleinsten, das noch zu klein ist um einer heiligen Sitte, die nur aus dem Leben am Rande der Eiszeit er­klärlich ist, der Taufe unterworfen zu werden. Es hat seine Nahrung eingesogen und Sie wollen ohne Nötigung, wie sie oben besprochen ist, wissen, ob es satt ist. Was tun sie dann? Kleinchen giebt einen zarten Ruktuslaut von sich und das ist unweigerlich äl. An diesem Kind erkannte Ihre Ahnfrau ebenso wie Sie heute: das Kind ist satt. Ist es ordentlich satt, so ist es gesund: heil, gr. holos, d. h. wöl oder sogar sehr wöl, weil es zur genügevoll ist.

Dies kleineAll hat uns einen Satz bewahrt, der das älteste Überlebsel aus der Or-zeit ist, daß ich kenne. Zwei Buchstaben drei-