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Ein Pfarrerleben nach dem großen Kriege.
gezählt hatte, breitete sich die Stille des Todes. Der Pastor Gabriel Molzfeldt starb au der Pest im Jahre 1638, und zwölf Jahre laug lag der Ort verlassen da, kein menschliches Wesen hauste auf den Trümmer- stätten der Bauernhöfe und des Rittersitzes, als — der Überlieferung nach — ein alter Knecht, der in einer Ecke des schwer zugänglichen Kirchen- bodeus sein Lager aufgeschlagen hatte. Denn, wenn auch zerschossen und arg beschädigt, so ragten doch noch fest und trotzig die gewaltigen Mauern des alten wehrhaften Gotteshauses, das einst vor mehr denn 400 Jahren die ersten deutschen Ansiedler der heiligen Anna*) zu Ehren und sich selbst zum Schutz erbaut hatten, über dem verödeten Ort, ein Wahrzeichen alter Zeit, wie ein Wächter der Toten und ein Mahner, das Zerfallene wieder aufzurichten.
Die Friedensglocken klangen durch die Lande; Paul Gerhardt sang:
Gott Lob, nun ist erschollen Das edle Fried- und Freuden wort,
Daß nunmehr ruhen sollen
Die Spieß und Schwerter und ihr Mord.
Wohlauf! So nimm nun wieder Dein Saitenspiel hervor,
0 Deutschland, und sing Lieder Im vollen höheren Chor!
Aber in Kuhsdorf war keiner übriggeblieben, der ein Friedensfest hätte feiern können. Die Bewohner tot, vom Feinde oder von der Pest erwürgt, oder geflüchtet, in alle Winde zerstreut.
Da wagte sich Viktor von Quitzow, Erbherr von Kuhsdorf und Bullendorf, im Jahre 1650 wieder aus dem llavellande, seinem Zufluchtsort, in die alte Heimat. Doch unsanft begrüßte ihn auf der verwilderten Feldmark ein Rudel wilder Hunde, vor dem er sich auf eine Weide am Wege rettete. Doch der von Quitzow kam wieder und brachte Leute mit; er baute sich ein Haus, bescheidener als das alte und nicht an der alten Stelle, in Bullendorf, sondern unweit der Kirche an der Dorfstraße von Kuhsdorf.
So kamen auch etliche Hofwirte wieder in den wüsten Ort. Nach drei Jahren wurde in dem alten Gotteshaus zuerst wieder Gottesdienst gehalten, von dem Prediger Andreas Bremer von Garz, der alle 14 Tage kam und auch etwa nötige Amtshandlungen verrichtete.
Der Candidatus Theologiae Joachim Stargardt war dazumal 30 Jahre alt. Er war wohl ein Havelländer, hatte in Frankfurt an der Oder oder in Wittenberg in den letzten Kriegsjahren studiert und mußte sich nun in der Schule der Geduld üben, bis sich auch für ihn eine Pfarrstelle fände. Als er ludimoderator und Kantor in Friesack war,
*) Der Kirchenacker hieß noch lange das Lehen St. Annil.