Vom Handwerksbrauch der Leinenweber.
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So bringet man zu seiner Ruh Ihm ein Sterbekleid dazu.
Es sei Purpur, Leinewand,
Alles macht des Webers Hand. Wenn die Leinwand nun verbraucht Und zum Tragen nicht mehr taugt, Machet man daraus Papier,
Darauf Gottes Lehr und Zier.
Für uns deutlich wird geschrieben, Wie wir Ihn recht sollen lieben,
Und was auch ein jeder Christ Sonst zu thun noch schuldig ist, Wenn er will nach seinem Sterben Christi Leib und Blut ererben.
Und in Gottes Ehren reich Prangen dem Auserwählten gleich, Hiob saget jedoch eben Und vergleicht das Menschenleben Auch mit einer Weberspul,
Die wir führen hinterm Stuhl Paulus selbst auf seinen Reisen Muß man auch viel Ehr erweisen Man pries ihn ja immerdar Weil er auch ein Weber war.
Was ich jetzo angeführt,
Wird durch Weberkunst geziert. Christen, thut es wohl betrachten, Lehrt die Weberkunst hoch achten, Weil auf Erden doch kein Mann Uns Niemand entbehren kann.
Treuenbrietzen hier an diesem Ort Will ich ein ruhmvolles Wort Nun durch meinen schwachen Mund Es dem Ruhme machen kund.
Du läßt ja an schönen Waaren Dir kein Fleiß und Müh ersparen, Seidene Waaren, Cardinat,
Findt man bei Dir in Vorrath.
Man macht auch noch über das Schöne Sitz und Landefas Es vergehet ja fürwahr Manchmal kaum ein einzig Jahr,
Daß man nicht von neuen Waaren Sollt in Treuenbrietzen was erfahren.
Erst wollte man schwere Sachen Aus dem Moseline machen Da hieß es: in Engeland Herrscht alleine der Verstand Aber Gott wollt diesen Segen Auch nach Treuenbrietzen legen.
Es sind auch verschiedene Sorten Auch von uns verfertigt worden, Was für Muster, was für Züge 1 )
Was für Boden, 2 ) was für Rüge")
Hat nicht jetzt durch Gottes Macht Mancher Weber vorgebracht Es ist wahr, von unsern Alten Da haben wir viel Guts behalten Doch läßt sich aus unsern Werken Wohl Verstand und Weisheit merken. Gott schütze diese alte Quelle Vor Gefahr und Unglücksfälle Es sind nun viel hundert Jahr Als Treuenbrietzen das Glück gebar Daß sich diese hochedle Zunft Mit Verstand und mit Vernunft Hier so glücklich angebaut Und auf ihren Gott vertraut.
Seid Ihr Alten hochgepriesen Da Ihr so viel Fleiß erwiesen. Obgleich Ihr vor vielen Jahren Seid von hinnen abgefahren Sei auch noch an Eurer Gruft Tausend Dank Euch zugeruft.
Gott wolle diese Fabriken Stets mit Heil und Segen schmücken, Das Floriren unsrer Waaren Die zu Land und Wasser fahren;
Laß auch über das Chur Preußen Stets mit Heil und Friede wachsen! Gott sei Schützer und Berather, Segner unsres Landesvater,
Der vom Abend bis zum Morgen Nicht abläßt für uns zu sorgen;
Dort in jenen theuren Jahren Haben wir das Glück erfahren Daß er mitten in den Trauern*)
Uns besucht in unsern Mauern Was für Ehr ist uns geschehen;
*) Züge=Einschlag. *) Boden=Trittbrett, woran die senkrechtenFäden am Webstuhl befestigt sind, *) Rüge oder Riede, Teil des Webstuhlbezuges. *) Trauer über die Teuerung.