Aus Treuenbrietzen.
185
dem Liede geschaffen worden. Die älteste steht mit dem Liede in Kaspar Cramers Buche „Animae sanciatae medela“, Erfurt 1641. Sie findet sich dann im Gothaer Cantionale, 1648, und in zahlreichen Gesangbüchern der folgenden Zeit, im 19. Jahrhundert noch bei Luise Reichardt, Lagriz und Schöberlein. Eine zweite steht im Gothaer Cantionale, III. 1648, und hat eine noch weitere Verbreitung gefunden, als die erste, auch im 19. Jahrhundert noch. Die beiden anderen Melodien haben sich wenig verbreitet. Es mögen leicht 30 bis 40 evangelische Gesang- oder Melodienbücher sein, in die das Lied „Sag, was hilft alle Welt“ mit einer der Melodien Aufnahme gefunden hat. Natürlich steht es in einer weiteren Anzahl von Gesangbüchern ohne Noten. Es ist also im evangelischen Volke weithin bekannt gewesen seit dem Jahre 1641, wo es zuerst in einer evangelischen Liedersammlung auftaucht. Seit es im Jahre 1668 in das Marburger Gesangbuch Aufnahme fand, wurde es in Oberhessen geradezu zum Volksliede und ist das dort bis auf den heutigen Tag geblieben.
Es ist denn auch dem Schicksale der Volkslieder nicht entgangen, mancherlei Änderungen über sich ergehen lassen zu müssen. Schon in Niedlings Ilandbüchlein, 1655, lautet der Anfang: „Sag an, was ist die Welt.“ Auch sonst linden sich dort einige Abweichungen. Eine ganz abweichende Form dagegen bringt der „Vorrat von alten und neuen christlichen Gesängen“, Leipzig 1673. Doch hat sich diese nicht weiterverbreitet. Im ßraunschweiger Gesangbuche von 1661 hat das Lied nach jeder Zeile ein Echo in der Melodie.
Ein Lied ähnlichen Anfangs und gleichen Versmasses möge hier noch erwähnt werden. Es soll den Sigmund von Birken zum Verfasser haben und beginnt: „Sag, was ist diese Welt? Ein Schau- und Spiel- gezelt.“ ln den 12 Strophen des Liedes wird die Vergleichung der Welt mit einer Schaubühne durchgeführt.
Der Verfasser unseres Liedes ist nicht bekannt. Jedenfalls dürfte er in der katholischen Kirche zu suchen sein. Einige Bücher nennen als Verfasser deu Dichter von „Jerusalem, du hochgebaute Stadt“, Johann Matthäus Meyfart. Diese unbegründete Vermutung wird aber durch das Vorkommen des Liedes in dem Brachelschen Gesangbuche von 1623 vollends hinfällig. Tämpel tut denn auch in seinem „Deutschen ev. Kirchenlied des 17. Jahrhunderts“, Band II. (1904), S. 63 ff., wo die beiden Lieder Meyfarts abgedruckt sind, unseres Liedes keine Erwähnung. Es findet sich nirgends in Meyfarts Schriften.
Der Text aus dem Musterbuche der Treuenbrietzener Leinweberinnung stimmt mit dem in den evangelischen Gesangbüchern früherer Zeit allgemein verbreiteten, ausgenommen die Orthographie, überein. In die pietistisclien Gesangbücher hat das Lied nur wenig Aufnahme ge-