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Kleine Mitteilungen.
leicht nicht zu erreichen, und sie steckten, wie man sagt, bei einer Revue über 20,000 Thaler in neue Pferde, um ihren Glanz zu behaupten. Indessen hat natürlich der Wetteifer beyde Regimenter noch mehr gehoben, und je vielfilltiger man fremde Truppen sah, je überzeugter ist der Ausspruch, daß sie nichts, nichts übertrifft. Es ist aber nicht blos diese itußere Schönheit. Das Regiment Gensd'armen brach bey Zorndorf in die Russischen Quarre’s, und hieb mehreremal so lange nieder, bis man Appel mußte blasen lassen, um den Leuten nur einige Erholung zu gönnen, worauf sie immer wieder in den Feind stürzten, um seine Glieder zu vernichten. Und so bey mancher Gelegenheit. Von der Garde du Corps ist bekannt, wie oft sic sich im siebenjährigen Kriege ausgezeichnet.“
(So verblendet war man bei uns in Bezug auf die Leistungsfähigkeit des französischen bezw. des preußischen Heeres kurz vor dem Zusammenbruch unserer bewaffneten Macht bei Jena und Auerstedt. E. Fr.)
S. 60. „Das Baudepartement zu Berlin (oder Hof-Bauamt) begeht die äußersten Versündigungen, wenn es neuere Gebäude gegen ältere aufstellt, wo eins der Tadel des andern ist. Zu dem unzweckmäßigsten was je geschah, gehört die Aufführung des Marienthurms im Gothischen Geschmack. Zudem da dieser so gerieth, daß, Erwin von Steinheim will ich nicht einmal sagen, nein der Erbauer der Prenzlauer Hauptkirche, wenn er von einem Dorf darauf hinschauen könnte, in Verzuckungen gerathen müßte “
(Die gothisierende Spitze des Thurms der hiesigen St. Marienkirche ist allerdings nur dekorativ wirkend und gegen die Regeln des mittelalterlichen Baustils, namentlich des eigentlichen Häuptbaus der Kirche aufgeführt. Dennoch ist die Fernwirkung, wie mau insbesondere seit Herstellung der Kaiser Wilhelm-Straße erkannt, namentlich von der Kaiser Wilhelm-Brücke aus gesehen, eine recht malerische, das Auge befriedigende. E. Fr.)
B. Briefe eines reisenden Nordländers. Geschrieben in den Jahren 1807—1809. Her. v. I. F. Reichhardt. Neue Auflage. Leipzig u. Altenburg. F. A. Brockhaus 1816.
S. 81—83. „Die Erscheinung der kolossalen Pyramiden in den egyp- tischen Sandwüsten kann dem Wanderer kaum auffallender sein, als diese imposante Königsstadt mitten in dem öden traurigen Sandlande. Welch ein Weg von Memel bis vor die Thore Berlins, in einer Strecke von mehr als hundert Meilen! der auch nach allen Seiten, so weit die Mark reicht, nach Mecklenburg, nach Ober- und Niedersachsen hin, immer so fortgehen soll. Und welch ein contrastirender Anblick, so bald man in die eigentliche Stadt kommt! Noch dicht vor der Stadt erwartet man, nach den stinkenden Straßen- kothhaufen, die hier gewöhnlich ganz in der Nähe der Stadt abgeladen werden, und nach den zum Theil ungepflasterten Straßen der Vorstädte, voll tiefer Löcher und stinkender Pfützen und Lachen eine dem traurigen Lande gemäße Hauptstadt. Hat man aber nur den ersten großen Platz vor dem inneren Königsthore erreicht, und man fährt dann die wohlgebaute, von bürgerlichem Gewerbe belebte Königsstraße entlang, über den Sehloßplatz, den Opernplatz, nach der schönen Straße mit der herrlichen Lindenpromenade; SO wächst das angenehme Staunen fast mit jedem Schritte.