Heft 
(1905) 14
Seite
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Kleine Mitteilungen.

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Oderberg hat jährlich 4 Märkte. Der 1., Frühlingsmarkt, fällt auf Montag nach Oculi, der 2., Johannimarkt, auf Montag nach Viti, der 3., Mi- chaelismarkt, auf Montag nach Marien Geburt, der 4., Martinimarkt, auf Montag nach Martini. Die Märkte fallen immer auf einen bestimmten Wo­chentag, aber nie auf ein bestimmtes Datum. Die Märkte sind jetzt, wohl der Sonntagsheiligung wegen auf den Dienstag verlegt. Früher waren die Märkte ungemein belebt; Krämer kamen nicht nur aus den Nachbarstädten, sondern auch aus weiter entlegenen Orten hier an, während das Landvolk in großen Haufen als Käufer herbeiströmte. Vier Budenreihen eng aneinander gereiht sah man auf dem Marktplatze, zwei Reihen, vom Marktplatze bis zur Osterloftschen, jetzt Grantzowsehen Brauerei in der Berlinerstraße und ebenso zwei Reihen bis zur Apotheke vorbei in der Angermünderstraße. Wo die Budenreihen aufhörten, hatte man die Krämerwagen aufgefahren bis zur Stadt hinaus. Das Zeichen zur Eröffnung des Marktgeschäftes wurde um 11 Uhr durch Läuten vom Turme gegeben. Nun erst begann das Geschäft und dauerte ununterbrochen bis an den Abend, wo dann die Käufer mit Paketen wohlbeladen heimwärts zogen. Jetzt hat sich das gewaltig geändert, der Handel, das Kaufmannsgeschäft in seinen verschiedenen Zweigen und der Handwerkerstand, haben jedes Dorf erobert und decken die Bedürfnisse der Bewohner. Die Dörfer sind von den Städten weit unabhängiger wie früher, und darin liegt es auch, daß das Marktgeschäft auf Null herab­gesunken ist und oft nicht mehr die Reisekosten des Krämers deckt.

Ehe ich aber dies Thema verlasse, möchte ich doch noch an etwas erinnern, was an Markttagen in Dorf und Stadt zur Mode und Sitte geworden war. In den nahegelegenen Dörfern fielen an diesem Tage die Schulen aus. Ob dies gesetzlich begründet war, vermag ich nicht zu sagen, wohl aber weiß ich, daß die Lehrer sich hier ein Stelldichein gaben und daß auch viele Schüler und Schülerinnen mit ihren Eltern zu Markte kamen. In der Stadt waren sogar 2 Tage Ferien, denn der Dienstag galt als kleiner Markt und wurde auch gefeiert. In der schönen Jahreszeit und bei gutem Wetter wurden mit den Kindern am Dienstag öfter Landpartien gemacht. Außer den beiden Ferientagen erhielten die Lehrer von den Kindern der besser­gestellten Eltern Marktgeld. Ich vermag nicht anzugeben, ob hierzu eine Verpflichtung der Geber vorlag, auch darüber nicht, ob alle eine gleiche Gabe bringen mußten. Ich, als Lehrer der Klein- oder Armenschule, habe nur einmal Gelegenheit gehabt, die mir angebotenen Münzen in schonendster Weise dankend abzulehnen. Diese Sitte des Marktgeldgebens hatte für Geber und Nehmer die bedenklichsten Schattenseiten und gab oft zu wider­lichem Gerede Veranlassung. In anerkennenswerter Weise hob der Magistrat 1855 die Erhebung des Marktgeldes auf und gewährte jedem Lehrer als Entschädigung eine jährliche Zulage von 8 Taler meine erste Gehalts­erhöhung. Im Jahre 1858 wurde der Dienstag als Ferientag gestrichen und in den letzten Jahren angeordnet, daß am Markttage Schule zu halten sei. So waren also acht Unterrichtstage auf das Jahr der Schule zurückgegeben, mit welchem Erfolg, vermag ich nicht zu sagen. Auch die Landschulen haben die Marktferien eingebüßt. Um Ruhe und Ordnung an den Markt­tagen zu sichern, war eine sogenannte Marktwaehe eingerichtet. Sie bestand