Heft 
(1905) 14
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23. (9. ordentliche) Versammlung des XIII. Vereinsjalires.

techniche Erziehungswesens, von dem handwerklichen bis znm aka­demischen, in neue Bahnen gelenkt werden, damit die Tätigkeit sich der früheren, werkstattmäßigen wieder nähert. Die Ilandwerkerschulen müßten umgestaltet, die Baugewerksclmlen von ihrem Studienballast befreit werden. Auch auf den technischen Hochschulen sollte der Architekt von denjenigen Wissenschaften, die keinen Wert für die Praxis haben, entlastet werden. Dafür sollte er dort in Meisterateliers Aufnahme finden, wo der junge Architekt durch Lösung praktischer Aufgaben herangebildet werde. Der Heiinatkunst müßten Handwerker und Techniker durch Studium und Aufnahme selbst der einfachen Voibilder früherer Zeiten wieder vorgeführt werden. An Stelle der vielfach verderblichen Fachliteratur sollten die Schriften von Camillo, Sitte, Schultze-Naumburg u. a. treten. Hoff'mann schlägt vor, keinen Gemeinderat, keinen Stadt­verordneten, keinen Bürgermeister und keinen Landtagsabgeordneten zu wählen, der nicht diese Schriften kennt. Eine zweite Forderung, um zur Gesundung zu gelangen, ist die Rückkehr zur Einfachheit. Die Überladung der Häuser mit unnötigem Aufwand und unverstandenem Zierwerk muß wegfallen. Fast jeder Architekt tut noch des Guten zu viel. Beschränkung muß geübt werden und damit eine richtige Selbst­zucht zur Erzielung einer maßvollen, in erster Linie dem Zweck und der Bedeutung der Aufgabe entsprechenden, künstlerischen Betätigung eintreten.

ln Berlin, wo ein unsolides, schäbiges Protzentum sich leider im Hochbau nicht sogar selten brüstet, kann die Rückkehr zur edeln Ein­fachheit, wie sie auch mein verehrter Amtsgenosse, Stadtbaurat Ludwig Iloffmann, unser geschätztes Brandenburgia-Mitglied, wieder und immer wieder predigt, nicht laut genug anempfohlen werden.

XVII. Die Laufenburger Stromschnellen unsers Vater Rhein an der badisch-schweizerischen Grenze haben vom kon- ser.vatorischen Interesse aus, wie allbekannt, die breiteste Öffentlichkeit in der letzten Zeit vielfach beschäftigt. Die unbeschreiblich schöne Strömung des Flusses soll durch eine große Staumauer gebändigt und zur Erzeugung von Elektrizität benutzt werden, die ihrerseits wieder eine ausgebreitete Industrie an beiden Ufern des Rheins hervorrufen will. Mit tiefem Bedauern sehen alle, welche das gewaltige Schauspiel zwischen den Felsenwänden der beiden Uferstaaten bewundern konnten, daß die Gefahr einer Vernichtung des VVasserstrudels immer dringender wird. Der hiermit vorgelegte gedruckte Protest Robert Mielkes wird jedenfalls, wie ich annehme, Ihre Billigung erfahren oder erhebt sich dagegen Widerspruch? (Es erfolgt kein Widerspruch.)*)

*) Nachträglich sei erwähnt, daß die unwilligen Proteste der zivilisierten Welt doch Erfolg gehabt haben, die Besorgnis, daß die Laufenburger Rheinschnellen zer­stört werden, kann nunmehr wenigstens in der bedrohlichsten Form als aufgegeben betrachtet werden. E. Fr.