Heft 
(1905) 14
Seite
281
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3. (1. ordentliche) und Haupt-Versammlung des XIV. Vereinsjahres. 981

Der bekannte Berliner Stadtarchivar Ernst Fidicin, welcher mit­unter gewagte archäologische Hypothesen aufstellte, hatte die betreffende Stelle in einer Urkunde unseres Stadtarchivs, die undeutlich geschrieben war,der Heilige Bielbogs-Weg gelesen und auf eine Wallfahrtsstraße zu dein wendischenWeißen Gott, Biel-Bog, bezogen. Daraus ist eine förmliche Mythe entstanden, ich selbst habe S. 23 und 111 meiner vor­her unter Nr. 9 zitieiten Festschrift diesen abenteurlichen Namen in das Verzeichnis der wendischen Erinnerungen gutgläubig aufgenommen, aber gleich meine Bedenken gehabt, weil die Wenden zwar viel Wesens mit dem Czernebog, dem Schwarzen oder Bösen Gott, gehabt haben, dagegen sein Gegenstück, einen Weißen Gott, kaum erwähnen. Es ist nun das Verdienst u. M. des Herrn Stadtarchivars Dr. Paul Clauswitz, daß er das betreffende Zitat seines Amtsvorgängers Fidicin nachgeprüft und dabei dessen Irrtum aufgeklärt hat. Möge derIT. B. W. der verdienten Vergessenheit anheimfallen und dafür der berlinische Heilige Blutsweg wieder mehr zu Ehren kommen.

16. Gottfried Brunner: Ketzer und Inquisition in der

Mark Brandenburg im ausgehenden Mittelalter. Inaugural- Dissertation. Berlin 1904. Die sehr fleißige Arbeit zerfällt in 3 Kapitel:

I. Religiöse Sekten in der Mark vor den Hussitenkriegen. Die erste Nachricht von 1336, wo zu Anger münde Anhänger der Luci- ferianer entdeckt und 14 verbrannt werden. Von jeher wurde die Stadt Ketzer-Angermiinde genannt. Auch sonst machen sich Führer der Waldensischen Bewegung geltend. Die Bezeichnung der Waldenser für sich selbst ist dieChunden, d. h. die Bekannten. Die Katholiken sind ihnen dieVremden.

II. Die märkischen Waldenser unter dem Einfluß des Taboritentums. Die Inquisition von 1458 iibexTieferte den Pi-iester Matthaeus Hagen am 27. April nach feierlicher Verkündigung des Urteils auf dem Neuen Markte zu Berlin vor der Marienkirche dem weltlichen Gericht mit der verhängnisvollen Formel: quatinus circa ipsum citra sanguinis eftixsionem et mortis periculum snam sententiam moderet et mitius secum agat. Unter Blutveigießen duxfte der Ketzer nicht hin­gerichtet werden, dafür vertiel er dem unendlich grausameren Feuertode. Viele der märkischen Abtrünnigen unterwarfen sich löblich und fanden Wiederaufnahme in den Schoß der Kirche.

III. Die Verbindung der märkischen Waldenser mit den Böhmischen Brüdern. Die letzteren wandten sich um dem Scheitei- haufen in der Heimat zu entgehen nach Biandenbui-g. Man war in der Folge etwas stienger bei uns, sechs Männer und vier Weiber wurden als Ketzer verbrannt. Umgekehrt wanderten märkische Waldenser nach der Gegend von Fulneck in Mähren und nach Landskron in Böhmen ein. Hier wohnten ihie Nachkommen noch zur Zeit des Krasonicky,

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