Heft 
(1905) 14
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5. (4. außerordentliche Versammlung) des XIV. Vereinsjahres.

das viel Zierrat aller Art besitzt, z. B. mehrere größere und kleinere Reliefs, von denen zwei sehr ausgeprägte Köpfe von Männern vorstellen.

Über dem Portal endlich sind zwei große Wappen angebracht mit sehr sauberer Durchführung bis in die kleinsten Details. Das eine ist ein braunschweigisches Wappen, da die Gemahlin des Markgrafen, Katharina, eine Tochter des Herzogs von Braunschweig war. Sie war ebenso wirtschaftlich und sparsam wie ihr Gemahl. Der Markgraf brauchte für seine Arbeiten an den Festungswerken eine große Menge Menschen. Diese lohnte er nun mit Münzen, die minderwertig waren und besonders für den Zweck geprägt wurden. Die Arbeiter aber mußten ihren Bedarf an Lebensmitteln aus den Vorjäten der Mark­gräfin kaufen, die in den Häusern am Renneplatz aufgespeichert waren. Jene Häuser heißen daher heute noch die Speckhäuser. Der Kurfürst war auch ein frommer Mann und liebte als solcher die Sinnsprüche, die die Gedanken über das Irdische hinaus erheben. Am Sockel seines Denkmales ist einer seiner SiDnsprüche angebracht er lautet: In silentio et spe fortitudo mea.

Auf dem Schloßhof, der verhältnismäßig klein ist, stehen eine Anzahl Türme, angelehnt an die Wände des Gebäudes, in ihnen befinden sich die Treppen, die zu den Korridoren in die Höfe führen. Zwei von den Eingängen sind mit prächtigen Portalen geschmückt, und der dritte soll sein Portal wieder erhalten, das augenblicklich in Frankfurt a. 0. aufgestellt ist. Das eine dieser Portale trägt über der Tür zwei Bibel­sprüche und das andere ist mit Zierart in Stil der Renaissance aus- geschmiickt. An der einen Wand ist ein Relief mit dem Bildnis Conrad von Bnrgstorfts eingefügt, der 1641 Ober-Kommandant aller Festungen in der Mark war. Die Erinnerungstafel ist von der Familie gestiftet worden.

Das Schloß dient gegenwärtig als Kaserne des 48. Regimentes. Wir kletterten die enge Stiege in einem der Türme in die Höhe und wanderten die schmalen Korridore entlang, die sich an der Hofseite befinden. An den Wänden standen die Gewehre in den Stützen und hingen Bilder und Tafeln in großer Zahl, denn die Gedenktage des Regiments sind zahlreich. Eine stattliche Tafel verkündet, daß eine Kompagnie schon zum dritten Mal die Schießauszeichnung erhalten hat.

In dem oberen Stockweck liegen die Zimmer, die dem Kronprinzen Friedrich als Gefängnis dienten, und zwar an der Südecke des Schloßes. Die Aussicht von den Fenstern geht auf die Oder. Es waren für den Gefangenen zwei Zimmer eingerichtet worden, das Eckzimmer und das Turmzimmer, im welchem sich der Eingang befand. Das größere Eck­zimmer ist zu einem hübschen Museum ausgestaltet worden. In der Mitte steht ein großer Tisch, auf welchem Photographien und Zeichnungen ausgelegt waren, die sich auf Merkwürdigkeiten der Küstriner Ver-