Heft 
(1905) 14
Seite
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0. (2. ordentliche) Versammlung des XIV. Vereinsjahres.

vor dem Theater auf der Schiitzeninsel enthüllt; auf dem Sockel stehen zwei Zeilen von Goethe ihr gewidmet:

Es gönnten ihr die Musen jede Gunst,

Und die Natur erschuf in ihr die Kunst.

Nachdem der Vorsitzende des Denkmalausschusses Justizrat Iloemann in längerer Rede die Bedeutung Coronas gefeiert und das Denkmal Herrn Oberbürgermeister Bollmann überwiesen hatte, der es dankend namens der Stadt Guben übernahm, führte der bekannte Literaturhistoriker Geh. Regierungsrat Dr. Erich Schmidt, Professor an der Berliner Universität, etwa folgendes aus:

1 lochansehnliche Eestversammlung! Der Tag' ist mir sehr gegen­wärtig, wo wir 1902 in Ilmenau in festlicher Versammlung der grollen Goethe-Gesellschaft zusammen waren. Ein wohlgeschulter Chor erbaute uns durch den Sang von Coronas Weisen und wir, die wir die Ehre haben, der Goethe-Gesellschaft anzugehören, traten damals auch in per­sönliche Beziehungen zu Guben, und diesem Umstande verdanke ich es, daß ich als Vertreter dieser über ganz Deutschland verbreiteten Ge­sellschaft heut hier teilnehme. In ganz schlichter Weise lassen sie mich noch Coronas mit einigen Worten gedenken, auch ihres armen Vaters, dem seine vier Kinder im Tode vorangingen. Als Corona erst ein paar Jahre zählte, zog er mit ihr voller Ehrgeiz nach Polen, später nach Leipzig, einer Stätte regsten künstlerischen Lebens, wo sie in der Schule des bei canto eine wirkliche Künstlerin wurde und, noch ein Kind, eintrat in das von Ililler geleitete große Konzert, aus dem die späteren Gewandhaus-Konzerte entstanden sind. Mehrere Jahre war sie dort tätig und wir wissen, daß nicht bloß die Reize des Talentes, des Körpers sie schmückten, daß sie auch von unantastbarer Sittenreinheit war. Der Bürgermeister von Leipzig warb um ihre Iland, ebenso Körner, der Vater Theodor Körners, sie wies alle Bewerber ab, allein der Kunst war sie ergeben. Unter ihren enthusiastischen Bewunderern saß auch ein blutjunger Studiosus, Johannes Wolfgang Goethe. Seine eigenste Tat war später ihre Gewinnung für Weimar. Er allein vollzog im Einverständnis mit der Herzogin Amalie, dieser überaus kunstsinnigen Fürstin, ihr Engagement nach Weimar, wohin Corona Schröter im November 177(5 übersiedelte, als Vokalistin der Hofkapelle, Kammersängerin würde man heute sagen. Sie behauptete sich in dieser Stellung nicht bloß durch ihre Stimme, nicht bloß durch ihre ungewöhnliche Bildung, die um so ungewöhnlicher ist, als sie damals für Frauen schwieriger zu erwerben war als heute, auch nicht bloß durch ihre Sprachkenntnisse sie be­herrschte die französische, engliche, italienische und polnische Sprache sie trat hervor mit gar mannigfaltigen Künsten und durch die Sicher­heit einer ernsten und sittlichen Persönlichkeit und eroberte sich ihren Platz in dieser erlauchten Gesellschaft, und nun ist Corona Schröter