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0. (7. außerordentliche) Versammlung des XIV. Vereinsjalires.
des Denkmals blickt man hinab auf die Häuser und Kirchen der Stadt und auf die flache Landschaft ringsherum.
ln dem kleinen Garten am Fülle des Denkmals wurde der Kaffee getrunken, worauf wir zu der letzten Sehenswürdigkeit unseres Programms, der Nikolaikirche, wanderten. Diese Kirche befindet sicli vor dem Plauenschen Tor auf einem Kirchhofe und diente bis vor kurzem als Leichenhalle, während sie jetzt wieder als Gotteshaus hergerichtet ist. Ursprünglich war es eine Dorfkirche, denn bis zum 13. Jahrhundert bestand hier das Dorf Luckenberg, das zu dieser Zeit mit der Altstadt vereinigt wurde. Die Kirche ist deshalb wichtig, weil sie die einzige Basilika der Provinz ist; sie stammt in ihren Anfängen aus dem Jahre 1173 und ist im 15. Jahrhundert durch den Baumeister Stephan Buxtehude erneuert worden, er hat den abgetreppten Westgiebel mit den zwei kleinen Türmen und die Apsis aufgeführt. Der Eingang liegt auf der Nordseite und seine Fassung ist auffällig, weil die Schlußsteine der Wölbung nach der Spitze hin immer größer werden, eine Ausführung, die man auf italienische Einflüsse zurückführt, ln der Längswand des Hauptschiffes finden sich über dem Dache des Seitenschiffes merkwürdige Fenster, nämlich schiefgestellte viereckige und ovale, die mit einander abwechseln. Auch diese Einrichtung deutet auf italienische Vorbilder, Die Kirche ist dreischiffig, das Mittelschiff besitzt eine Balkendecke und ruht auf Pfeilern, die durch Bogen miteinander verbunden sind und zwar besitzen diese Bogen jedesmal eine andere Form und Verzierung. Jedes Schiff endet an der Ostseite mit einer runden Apsis, während die Westseite glatt abschneidet. Die Wände weisen noch Spuren von Ornament-Malerei auf, die man nicht vervollständigt hat, so daß nur ab und zu die Muster hervorleuchten. Auch Überreste von Bildern sind zu erkennen.
In der Kirche wird gegenwärtig das berühmte Antependium, das die Jagd des Einhorns vorstellt, auf bewahrt. Es ist renoviert, und man erkennt in der Mitte die Jungfrau, welche das Einhorn in ihrem Schoß hält, während rechts und links eine Jagdgesellschaft sich auf baut. Die Jungfrau trägt eine burgundische Haube, wodurch wohl der flandrische Ursprung des Gobelins bewiesen ist. An ihren Außenwänden besitzt die Kirche keinen Schmuck, und nur an der Südseite zieht sich unter den beiden Dächern ein bescheidener Zierrat aus Winkeln und Bogen hin.
Nach der Besichtigung dieser Kirche war das Programm erschöpft und wir wanderten bei einbrechender Dämmerung nach dem Bahnhof zurück, von wo wir mit dem Zuge 7 Uhr 57 Minuten nach Berlin zurückkehrten.