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11. (3. ordentliche) Versammlung des XIV. Vereinsjahres.
mal wiederholte Roland den Versuch, aber vergeblich; Durenda blieb unversehrt.
Alsdann nahm Roland sein Horn und stieß mit Macht hinein, damit die Christen, welche etwa noch aus Furcht vor den Mauren im Walde versteckt wären, sich um ihu sammelten, oder wenn etwa einige von denen, die das Gebirge bereits überschritten hätten, den Ton vernähmen, daß diese zu ihm kommen, bei seinem nahenden Ende gegenwärtig sein und dann sein Roß und sein Schwert Durenda empfangen möchten. Er stieß aber mit solcher Kraft in das Horn, daß es zersprang und die Sehnen an seinem Halse zerrissen. König Karl, der schon im Karlsthale acht Meilen von dort entfernt war, vernahm den gewaltigen Schall; denn die Engel des Himmels trugen ihn dahin. Da wollte Karl sogleich zurückkehren und ihm Hilfe bringen; aber der schlimme Ganelon, der wohl dachte, was dort geschah, hinderte ihn daran und sprach: „Wolle doch nicht gleich dahin eilen; denn vielleicht ist Roland auf der Jagd und ruft seine Gefährten zusammen; denn oft stößt er auf diese Weise in das Horn.“
Roland aber lag nun auf dem Grase ausgestreckt in heißer Fieberglut und sehnte sich nach einem Trünke Wassers. -Da kam ein Franke daher, Namens Balduin, und ihn bat Roland um einen Trunk. Balduin suchte lange, aber er fand keine Quelle, und da er zurückkehrte und Roland schon sterbend fand, betete er mit ihm und segnete ihn. Dann aber bestieg er eilends sein Roß und jagte dem fränkischen Heere nach, damit einige wiederkehrten und Rolands Leiche nicht in die Hände der Mauren kommen ließen. Als Karl die Nachricht vernahm, ward er tief erschüttert und kehrte wieder mit um. Da fand er selbst als der erste seinen Neffen Roland, der unterdessen, die Arme in Kreuzesgestalt gelegt, allda verschieden war. Der Kaiser und alle Franken jammerten und beklagten bitterlich den Tod des wackern Helden und aller seiner Mannen. Ganelon aber ward des Verrats überwiesen und an die vier wildesten Pferde des fränkischen Heeres gebunden, welche ihn elendiglich zerrissen.
So erzählt nns der Mönch Turpin die Sage von Roland und dem Ende des Verräters Ganelon; aber die beglaubigte Geschichte erzählt uns nichts von Ganelon, und wir wissen nicht, ob er gelebt hat oder nicht.
Das Andenken an Roland, ob an diesen oder einen andern, lebt außer diesen Sagen auch noch in anderen fort. Wo der grüne Rhein das Gebirge verläßt, welches in grauer Vorzeit seine Gewässer von Bingen bis an das Siebengebirge durchbrochen haben sollen, unfern von Bonn, liegt ein Ort, Rolandseck genannt. Auf einem steilen Berge steht da noch ein alter Fensterbogen, der einst zu Rolands Burg gehört haben soll, welche auf diesem Felsen stand. Von da schaut man hei’nieder