Heft 
(1905) 14
Seite
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Kleine Mitteilungen.

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wurde die Ilochzeitsfeier fortgesetzt, d. h. es wurde getanzt mit einer Aus­dauer, wie sie nur den Wenden eigen ist, denn Tanzen ist ihre höchste Lust. So haben die Besucher des Städtetages durch das Wendenfest nicht nur Cottbus, sondern auch die wendische Bevölkerung der Umgegend kennen gelernt und werden die eigenartige Feier in schöner Erinnerung behalten.

B. Lok. A. 21. 9. 1904.

Vom Scharmützelsee. Die ganze Gegend um diesen großen See er­scheint verhext und verzaubert zu sein.Einmal sahen zwei Bauern, die am Ufer Gras mähten, aus den Wassern Rauch aufsteigen, und einer sagte zum andern:Da back t der Nix Kuchen! Wenn er uns doch auch welchen brächte!" Nicht lange dauerte es, so erschien der Nix mit einem bildschönen Napfkuchen. Und die Bäuerlein wischen sich die Mäuler, denn Napfkuchen ist hier zu Lande ein großer Leckerbissen.Esset ihn ganz auf, aber lasset ihn ganz, sonst kostets euch den Hals! rief der Nix und machte sich wieder davon. Die Grasmäher, klug und bedacht wie alle Märker schnitten den Kuchen in der Mitte völlig aus und ließen nur den Rand übrig.Das hat euch der Teufel gelehrt! rief der Nix als er, zurückommend, sich betrogen sah. Die Nixe ähneln kleinen Kindern; sie kleiden sich in funkelndes Rot und tragen grüne Mützen. Um den Scharmützelsee herum klingt es von ihren Schelmenstreichen, und die Nähe des Wassers macht sie bei allen Müttern gefürchtet. Der Nix liebt es nämlich, in Gestallt eines fremden Jungen mit den Dorfkindern zu spielen und sie immer näher an den See zu locken, bis ihm eins zum Opfer fällt.Einmal um die Mitternachtsstunde gingen Bauern auf verbotenen Fischfang und fingen einen Nix im Netz. Sie wollten ihn ans Land ziehen und brachten ihn auch bis zum Ufer, aber da sträubte er sich und schrie so entsetzlich, daß sie erschreckt davonrannten und Netz und Fang in Stich ließen. Die Nixe sind übrigens sehr frech. Sogar in die Häuser wagen sie sich, und so legt deshalb jede Mutter, wenn sie zur Arbeit muß, dem Kinde in der Wiege ein Gesangbuch unter das Kopfkissen oder hält einen Vogel im Zimmer. Dann haben die Unholde keine Gewalt über das Nesthäkchen. Am Scharmützelsee ist auch die schöne Mär von dem Schwanenmädchen lebendig.Ein Knabe sah einst, südwärts von Pieskow rudernd, drei Schwäne auf dem Wasser. Er fuhr ihnen nach, und weil es Mittag war und die Sonne sommerlich schien, senkte er schließlich müde die Arme und schlief ein. Bei seinem Erwachen fand er sich in einem gläsernen Feenpalast auf dem Grunde des Sees und neben seinem goldenen Bett standen 3 wunderschöne Schwestern Es gefiel ihm wohl bei den holden Jungfräulein. Unter Sang und Klang, bei beladenem Tische flohen die Tage. Als aber die Damen einmal fern waren und der Pieskower sich allein im Palaste sah, da packte ihn das Heimweh, daß er zu weinen begann und nach seiner Mutter rief. Sofort stand ein altes Weib vor ihm, das ihn nach dem Dorfe zurückbrachte. Doch wer einmal die Herrlichkeiten des Feenreichs gekostet hat, dem gefällt es nimmer auf der Erde. Der Bursche schlich von nun an in jeder freien Minute an den Scharmützel und schaute sehnsüchtig nach den drei Schwänen aus. Sie kehrten indes niemals wieder. Fürstenwalder-Zeitung 4. Jan. 1905.