13. (4. ordentliche) Versammlung des XIV. Vereinsjahves.
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von hundert Metern und blieb dabei mit Sicherheit auf einem nur wenige Meter breiten Streifen stehen. Sobald er von diesem herunterkam, begann die erhobene Rute sofort zu fallen, so daß der unterirdische Lauf mit Sicherheit zu verfolgen war. Etwa hundert Meter von dem Baum entfernt stieß man auf einen kleinen, etwa zwei Meter tiefen Brunnen, der das nahe der Oberfläche befindliche Grundwasser zu Feuerlöschzwecken sammelt. Herr von Bülow erklärte nun, man solle an dieser Stelle ein Rohr bis zu 15 Meter- Tiefe treiben und würde dann auf eine mächtige Wasserader stoßen. Herr Geheimrat Franzius erfuhr dann in den nächsten Tagen, daß dieser alte, zwei Meter tiefe Brunnen bereits nach Angaben eines früheren Vorarbeiters gebohrt worden sei, der ebenfalls die Wünschelrute benutzte, aber dabei nicht in der Lage war, die Tiefe des unterirdischen Wassers genau anzugeben. Im Juli ging man dann an die Bohrung selbst und fand von 13 bis 24 Meter Tiefe scharfen wasserhaltigen Sand. Das Wasser strömte aus dieser Schicht her durch das Rohr in 1 m Höhe aus dem Boden aus und lieferte beim Abpumpen in der Stunde 14 kbm Wasser. Später hat man dann an dieser Stelle einen Schacht von einem Meter Weite.getrieben, welcher in der Stunde 50 kbm liefert.
Herr Geheimrat Franzius berichtet dann weiter über die recht interessanten Erfahrungen, die er selbst und Verwandte von ihm mit der Rute machten. Herr von Bülow ließ, während er über eine Quelle dahinschritt, Herrn Geheimrat Franzius und einen seiner Söhne je eine Hand auf die beiden Zweige der Rute legen. Beide hatten dabei die Empfindung, als ob sie den Kollektor einer Elektrisiermaschine berührten, dagegen blieb ein Baumeister der Werft der Rute gegenüber völlig unempfindlich. Weitere Versuche zeigten dann, daß der Geheimrat und der eine seiner Söhne mäßig begabte Quellensucher sind, die selbständig nur mit einer Holzrute arbeiten können, während der andere Sohn ein besserer Finder ist und auch den Eisendraht nehmen kann. Weiter haben die meisten Bekannten, die sich an den Versuchen beteiligten, Unempfindlichkeit gezeigt und keinen Erfolg gehabt. Ferner zeigte sich auch die bedenkliche Seite der Sache. Ein sehr feinnerviger Verwandter des Geheimrats, der mit der Rute nach verborgenem Golde suchte, geriet dabei in einen starrkrampfähnlichen Zustand, so daß nervenschwache oder kränkliche Personen vor Versuchen mit der Rute zu warnen sind.
Sie ersehen, verehrte Anwesende deutlich, daß vom Standpunkt der wissenschaftlichen Heimatkunde bei dein Streit über das Quellensuchen mit der Wünschelrute und Verwandten, drei springende Gesichtspunkte wohl zu unterscheiden sind:
1. Der geologische Gesichtspunkt. Daß auch Laien mitunter geschickt sind, Quellen u. dgl. aufzufinden, bestreitet heut wohl kaum noch ein Geologe. Die Geologie wendet sich nur gegen das Mystische, in welcher diese „Schäfer“-Fertigkeit eingekleidet wird, die bekanntlich von den Kaffern, Hottentotten und Buschmännern Südwestafrikas mit einem überraschenden Instinkt ausgeübt wird, übrigens auch von heftig durstenden Tieren, insbesondere Rinder, welche durch Durst gepeinigt