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13. (4. ordentliche) Versammlung des XIV. Vereinsjahres.
auf die Dächer zu pflanzen, ja auch irgend einen anderen Zweck im Auge gehabt haben wie den, den heidnischen Pflanzenkult des Donnergottes zu fördern. Er zeigte sich jedem heidnischen Wetterbrauch gegenüber doch arg feindlich, und verbot ja auch, Stangen gegen Hagel und Unwetter aufzurichten. Als man den Brandenburger Roland aufrichtete (1474), war das Schießpulver in deutschen Heeren schon lange eingeführt. Dem Genter Stadtbuche zufolge machte ein deutscher Mönch 1313 den Gebrauch der Büchsen bekannt; es scheint derselbe zu sein, den man 1354 Berthold Schwarz nannte. Schon 1331 schießen deutsche Ritter vor Cividale del Friuli in Italien aus einem Geschütz. Von 1340 an sind hierfür die Namen „Donnerbüchsen", für Pulver von 1372 an „Büchsenkraut“ gebräuchlich. Um diese Zeit, wettert der große Dichter Petrarca gegen diese höllischen Instrumente, aus denen das kleine Menschlein donnere. Den Mechelner Stadtrechnungen von 1356 zufolge heißt der Artillerist „meester van den Dond’bussen (Donnerbüchsen)“. Die Lübecker verwünschten 1360 die ganze Pulvermacherei, weil ihr Rathaus dabei in Brand geraten war. Das sind nur einige Belegstellen aus der sehr unklaren Geschichte der Kinderzeit des Artilleriewesens. Wäre da nicht bei dem Roland an irgend eine Beziehung zwischen Rechtswesen, Ritterwesen, Donnerbüchsen, Büchsenkraut und Donnerkraut zu denken? Die artilleristische Literatur wimmelt doch noch bis gegen 1500 von mythologischen, astrologischen und kabbalistischen Dingen. Auffallend bleibt doch, daß sich bei älteren Rolanden, die der Zeit Karls des Großen näher standen, nichts von einem Schutzkraut gegen Donner findet, sondern erst bei dem Brandenburger zu der Zeit, da Donnerbüchsen allgemeiner waren.
Dieser Auflassung, welche mir recht gekünstelt erscheint, vermag ich mich nicht anzuschließen, sie scheint mir die meinige in keiner Weise zu widerlegen.
Nun noch über die hiesigen Benennungen der Pflanze Sempervivnm einige Bemerkungen.
In Grimm’s D. Wörterbuch findet sich Folgendes (der betr. Teil rührt von Moriz Heine her):
„Hauslaub, n. sempervivum, hauswurz, Nemnich 4, 1277*). Hauslauch, m. 1. Sempervivum tectorum, Nemnich 4,1278. mhd. hüslouh, wb. 1, 1044b; semperviva huslauch, husloch, hulauch Dief. 526a**); barba Jovis liauslauch, huszlauch off de huse 68a (die Pflanze führt auch den namen donnerbart); sperrima huslauch 546a. 2. auch sedum telephium, sonst fette henne. Nemnich 4, 1273***). Hauslauchvogel, m. papilio Apollo. Nemnich.“
*) Nemnich, Phil. Andr,, allgemeines Polyglottenlexikon der Naturgeschichte. Hamburg 1793—95—4.
**) Diefenbach, Lorenz. Glossarium latino-germanicum. Frkf. a. M. 1857—4.
***) Sedum telephium L. (= maximum Suter), in und bei Berlin fette Henne genannt, hie und da als Salat gegessen, wird bei uns als Hausschutz gleich dem eigentlichen Sempervivum tectorum mitunter angepflanzt, so traf ich es auf dem Dache eines niedrigen Hauses des Dorfes Mahlsdorf, Kreis Niederbamim, bei einer Pflegschaftsfahrt