Heft 
(1905) 14
Seite
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15. (5. ordentliche) Versammlung des XIV. Vereinsjahres.

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Chroniken in Abzug zu bringen sind. Der letzte derartige Winter war der des Jahres 1789/40, der am 24. Oktober begann und bis in den Mai hinein dauerte, was übrigens nicht hinderte, daß auch damals zeitweise wärmere Witterung herrschte, indem der Monat Dezember wärmer als normal war, während alle anderen Monate des Winters ganz abnorm kalt waren.

In den wegen ihrer Strenge berüchtigten Wintern der Jahre 1788/89, 1812/13 und neuerdings 1879/80 beschränkte sich die große Kälte nahe­zu ausschließlich auf den Monat Dezember, im Winter 1854/55 auf den Februar, sowie 1847/48 auf den Januar und in den berühmten Wintern 1607/08, 1708 09 und 1783 84 auf den Januar und Februar, 1829/30 auf den Dezember und Januar, 1766/67 und 1822/23, 1784 85 und 1844/45 auf den Februar und März, und in neuerer Zeit erstreckten sich die kältesten dagewesenen Winter auch meist nur über wenige Wochen: 1890 91 auf die verhältnismäßig schon sehr lange Zeit vom 25. November bis 23. Januar, 1892 93 vom 1. bis 24. Januar, 1902/03 vom 16. November bis 15. Dezember, während dieselben Winter in ihrem sonstigen Verlauf meist durchaus normales und selbst mildes Wetter brachten. Der viel­genannte Winter 1888, der gern oft unter den besonders strengen ge­nannt wird, weil sich dabei jeder ältere Berliner sogleich an den sehr kalten Tag der Beisetzung Kaiser Wilhelms I. erinnert, wies zwar eine ungewöhnliche Schneehäufigkeit auf,brachte aber auffallend kalte Witterung nur an etwa je zehn Tagen des Februars und des März, während er im übrigen vorwiegend milde war. Hinzufügen möchte ich noch einen un­geheuerlich kalten Tag in der ersten Hälfte des Januar 1861, als Friedrich Wilhelm IV. in Potsdam beigesetzt wurde. Die Strenge der Witterung kostete verschiedenen der hohen Teilnehmer das Leben.

In den sogenannten milden Wintern kann die Neigung zum an­haltenden Tauwetter weit beständiger sein. Winter, in deren ganzen Verlauf es nicht einmal zu wirklich strengem Frost oder zu stärkeren Schneefällen kommt, treten nicht gerade selten bei uns auf. So brachte in Berlin der Winter 1865/66 nur zweimal leichten Schneefall, und in den beiden aufeinanderfolgenden Wintern 1897/98 und 1898/99 ging die Temperatur nie unter 8 Grad Kälte (Celsius) herab und erreichte auch diesen Stand nur ganz vereinzelt. Aus älteren Zeiten sind sogar Fälle überliefert, in denen es während eines ganzen Winters nicht gefroren haben soll. In der Regel pflegen aber auch unsere milden Winter ein paar Tage mit recht strenger Kälte aufzuweisen: so brachte z. B. noch der letztvergangene Winter 1904/05, den man als milde bezeichnen darf, in den Tagen vom 31. Dezember bis 3. Januar recht kräftigen Frost.

Unsere weitaus meisten Winter tragen eben Mischcharakter, und wie weit dies gehen kann, dafür ist der Winter 1876/77 ein eklatantes Beispiel, der in Berlin am 24. Dezember den kältesten je beobachteten